Wahlprüfsteine zum Thema Fluglärm

Inwieweit sehen Sie im „Lärmpausenmodell“ eine signifikante Erleichterung für die Offenbacher Bevölkerung?

 

Für die Offenbacher Bevölkerung sehen wir im Lärmpausenmodell unterm Strich überhaupt keine Erleichterung! Eine Lärmpause entsteht in der für den Landebetrieb (nur für diesen gilt ja das Modell) eher schwachen Verkehrszeit zwischen 22 und 23 Uhr lediglich in jenen nördlichen Stadtteilen, die eine ausreichende Entfernung zur Südbahn haben. Allerdings wird diese Erleichterung bezahlt durch die Mehrbelastung der  Bevölkerung im ohnehin stärker belasteten Offenbacher Süden, wo der Verkehr in dieser Zeit gebündelt wird. Dort steigt die Zahl der Hochbelasteten und der Aufwachreaktionen. Es findet also lediglich eine Verkehrsverlagerung innerhalb Offenbachs statt. In der Morgenstunde von 5 bis 6 Uhr wird dann sowohl der Offenbacher Norden als auch der Offenbacher Süden (durch Belegung der „Centerbahn“) intensiv beschallt. Die beiden südlichen Bahnen „Südbahn“ und „Centerbahn“ liegen so dicht beieinander, dass durch Belegung einer dieser Bahnen die südlichen Stadtteile insgesamt und überall mit hohen Lärmwerten belastet werden. Etwas anderes zu behaupten beruht entweder auf Unkenntnis oder stellt bewusste Irreführung dar.
Für welche Forderungen der 10-Punkte-Liste ist die Partei bisher politisch initiativ geworden? Mit welchen Mitteln ist das geschehen? Wie war der Erfolg? Wie sehen Sie das in naher Zukunft.

 

Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung – den die FDP unterstützt hat – ist ein Auftrag an der Magistrat der Stadt Offenbach, in den einschlägigen Gremien und ggf. auch juristisch sich so zu positionieren und entsprechend aktiv zu werden. Solche Möglichkeiten hat die Offenbacher FDP alleine derzeit nicht. Solange wir sie hatten, haben wir sie mit unserem Dezernenten und in Übereinstimmung mit den Stadtzielen intensiv genutzt!

 

Gleichwohl haben wir – auch bereits vor der Beschlussfassung im Stadtparlament – Debatten in den Gremien unserer Bezirks- und Landesorganisation zu einigen dieser Punkte angestoßen. Diese betreffen vor allem die Forderung nach steileren Anflugwinkeln, segmentierten Anflugverfahren, Lärmobergrenzen, „echten“ Lärmpausen sowie finanzieller Kompensation für die stark betroffenen Kommunen und eine Ausweitung der Bürgeransprüche für passiven Lärmschutz. Da unsere Landespartei seinerzeit den sogenannten „Anti-Lärm-Pakt“ befürwortet hat und diese Punkte dort eine Rolle spielen, sehen wir hier am ehesten Chancen mittelfristig voranzukommen. Die hessische FDP unterstützt grundsätzlich solche Maßnahmen des Lärmschutzes, ebenso wie die Förderung des technischen Fortschritts für „leisere“ Flugzeuge in Forschung und Umsetzung.

 

Im Stadtparlament haben wir uns dafür eingesetzt, die der Stadt zustehenden Mittel aus dem Regionalfond an die Bürger weiterzugeben, damit diese Maßnahmen des passiven Lärmschutzes finanzieren und sich zumindest besser schützen können. Insbesondere unter der neuen Anfluggrundlinie haben die allermeisten Bürger keinerlei gesetzlichen Anspruch, aber teilweise hohe Belastungen, oft noch geringen Schutz und künftig auch Auflagen. Der Antrag wurde ebenso abgelehnt wie die Forderung nach Ausweitung von Lärmmessungen.
Wie bewerten Sie die Offenbacher Erfahrungen in der Mitarbeit in Fluglärmgremien wie „Fluglärmkommission“ oder „Forum Flughafen und Region“
Die Mitarbeit dort ist mühsam und besteht in dem berühmten Bohren dicker Bretter. Dennoch sollten sich Offenbacher Vertreter dort einbringen. Fortschritte bei der Lärmminderung sind nur zu erwarten, wenn Initiativen von der gesamten Region getragen werden. Die dort auch stattfindende Zusammenarbeit mit Flugsicherung, Luftverkehrswirtschaft und Behörden kann auch eine Chance sein, sich auf Projekte zu verständigen, die alle als realisierbar anerkennen und unterstützen. Was als realisierbar allseits anerkannt wird, hat auch vor Gericht bessere Chancen. In den Gremien sollte man darauf bestehen, dass die gemeinsam vereinbarte Agenda zielstrebig verfolgt wird und Arbeitskapazitäten nicht für plötzliche Eingebungen der Politik – wie etwa beim sogenannte „Lärmpausenmodell“ – gebunden werden.

4.            Die NORAH-Studie bestätigt bei den Themen „Lernleistungen der Grundschüler“ und „Depression“ bisherige Annahmen über die negativen Auswirkungen des Fluglärms. Solche Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung sind sehr wichtig für künftige juristische Auseinandersetzungen und für Gesetzgebungsverfahren. Deshalb sind gemeinsam und allseits anerkannte Studienprojekte hilfreich. Politische Initiativen für besseren Schutz durch Gesetzesänderungen sollte Offenbach jetzt auch über den Städtetag voranbringen. Beim Thema „Beeinträchtigung des Herz-Kreislauf-Systems“ gibt es aus anderen Studien deutlichere Ergebnisse, insbesondere die negativen Auswirkungen des nächtlichen Lärms betreffend. Hier sollte die Stadt Offenbach in den Gremien darauf hinwirken, dass die Forschung weitergeht, um zu wissenschaftlich konsensualen und verwertbaren Ergebnissen zu kommen.

5.            Welche Bedeutung messen Sie dem Arbeitsplatzangebot am Flughafen für die speziellen Probleme des Offenbacher Ausbildungs- und Arbeitsmarktes zu.

Die Bedeutung wird seitens der Offenbacher Arbeitsförderung als erheblich angesehen und wir teilen diese Einschätzung. Der Flughafen bietet zahlreiche Jobs für weniger Qualifizierte an, die auch Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt verbessern. Es gibt aber auch viele interessante Möglichkeiten für gut Ausgebildete und für gute Ausbildung. Die ökonomische Bedeutung des Airports und die Lärmschutzbelange der Anwohner in der großen Siedlungsregion Rhein/Main sollten nicht gegeneinander ausgespielt, sondern verantwortlich abgewogen und raumverträglich verknüpft werden.