Fingierter Haushalt – Koalition bietet Bild des Jammers
(Rede des FDP-Fraktionsvorsitzenden aus dessen Stichwörtern) „Wir erleben hier eine der dreistesten politischen Mogelpackungen zumindest in der jüngeren Geschichte dieser Stadt. Nach allen ihren Äußerungen, auch am heutigen Tage Herr Oberbürgermeister ist eines klar: Dieser Magistrat hat wissentlich und bis heute ohne jede Form von Unrechtsbewusstsein einen fingierten Haushalt mit offenkundig grandios überhöhten Ansätzen bei den Schlüsselzuweisungen eingereicht. Das ist ein schwerer Bruch des Haushaltsrechtsrechts.
Und wenn dieses Parlament und wenn die dieses Parlament tragenden Fraktionen noch einen Hauch von parlamentarischer Ehre besitzen, dann muss dieses Parlament das Verhalten des Magistrats in aller Schärfe, ohne jeden Weichzeichner rügen!
SPD Grüne und Freie Wähler äußerten sich ausnahmslos kritisch. Kein Wunder, dass auch das, was uns von einigen aus der Koalition zu unserem Antrag widergespiegelt wurde ausnahmslos positiv war. Stimmt nicht ganz. Es gab so ein bisschen die Meinung bei Koalitionspolitikern, der Antrag sei nicht scharf genug.
Die Stadtverordneten der Fraktionen von SPD, Grünen und Freien Wähler haben aber offensichtlich ihr parlamentarisches Selbstverständnis, ihr Selbstbewusstsein an der Garderobenstange abgelegt. Sie haben offensichtlich jede Form der Kritikfähigkeit gegenüber dem Verhalten des eigenen Magistrat verloren. Das ist ein politisches Armutszeugnis!
Ich sage das Verhalten des Magistrats und nicht nur des Oberbürgermeisters.
Denn nach der Antwort des Oberbürgermeisters ist offensichtlich, dass alle hauptamtlichen Magistratsmitglieder Bescheid wussten, dass die Schlüsselzuweisungen nicht in der etatisierten Höhe kommen.
Das erklärt auch wieso in dieser Koalition einer nach dem anderen von der Fahne gesprungen ist. Gegen den OB lässt es schön den Stachel löcken, stellt sich aber heraus, dass es nicht nur gegen ihn geht, sondern es auch gegen den eigenen Parteivorsitzenden und den heimlichen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, dann verlässt die stolzen Parlamentarier von SPD, Grünen und Freien Wähler die Courage.
Wir haben Ihnen mit Zusendung des Entwurfs und noch vor der zur Wahrung der Frist für die Sitzung erforderliche Einreichung des Antrags mitgeteilt, dass wir nicht eitel an unseren Formulierungen hängen. Ich spreche jetzt nur für uns, aber für die parlamentarische Gemeinsamkeit hätten wir uns auch auf eine etwas diplomatischere Formulierung eingelassen, um ein gemeinsames Zeichen zu setzen. Hätte beinahe gesagt, wenn ich nicht gut schlafen würde: Tag und Nacht haben wir auf Zustimmung oder einen Änderungsvorschlag gewartet. Aber nichts passiert. Keine Nachricht mehr. Stattdessen servieren Sie uns hier heute 16:59 einen Änderungsantrag der Koalition. Das ist ganz schlechter parlamentarischer Stil in einer solchen Frage!
Und ich will es an dieser Stelle auch nochmal deutlich machen, weil ja manche sagen, es sei nur eine Lappalie, weil ja manche sagen mit der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit das sei nur eine Formalie. Das ist aber nicht so: Die Prognosen des Haushaltsplans dienen dazu, Stadtverordneten und Öffentlichkeit ein realistisches Bild von der finanziellen Situation der Stadt zu liefern, um bewerten zu können, ob die Ausgaben an die Einnahmesituation angepasst sind und um vor realem Hintergrund Schlussfolgerungen für die politische Arbeit ziehen zu können. Die allgemeinen Planungsgrundsätze (GemHVO) sind aus gutem Grund Hauptbestandteil einer vernünftigen Haushaltsführung und notwendige Voraussetzung einer verantwortungsvollen Beschlussfassung durch die Stadtverordnetenversammlung. Es gehört zu den Grundsätzen, Ansätze vorsichtig und realistisch einzuschätzen und sich nicht an Wunschvorstellungen zu orientieren. Aus diesem Grund ist die Einstellung von Schlüsselzuweisungen in einer anderen Höhe als vom Hessischen Finanzministerium veranschlagt nicht hinzunehmen, vermittelt dies doch der Stadtverordnetenversammlung ein falsches Bild der tatsächlichen Lage. Die Stadtverordneten erwarten zu Recht, dass die Verwaltung sich an Recht und Gesetz hält. Vorgänge, wie bei der Haushaltsaufstellung 2014/15 erschüttern das Vertrauen in die Vorlagen des Magistrats. Und sind in der Lage das Vertrauen der Bürger in den Magistrat, in die Verwaltung, aber auch in die Politik insgesamt zu zerstören.
Am Tathergang kann es keinen Zweifel geben. Am 7. Februar schrieb der Regierungspräsident (RP) der Stadt Offenbach, dass der eingereichte Haushalt 2014/2015 nicht genehmigungsfähig sei. Mit schuldhaftem Verzögern informierte uns der Oberbürgermeister darüber mehrere Wochen später. Unterdessen schreibt SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Schneider in einer Pressemitteilung von einer „seltsamen Haltung“ des RP, auch die Grünen verfallen in Baron-Bashing.
In den Medien teilte Schneider mit, die Senkung der Schlüsselzuweisungen seien seinerzeit nicht bekannt gewesen. Das Ministerium musste ihn korrigieren. Am 18. Oktober hat das Land Hessen die Stadt Offenbach über die zu erwartenden Schlüsselzuweisungen informiert. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass der Kämmerer dafür verantwortlich ist, dass die eine solche Information auch eingearbeitet wird.
Verteidigungslinie 2 des Kämmerers: Er beruft sich auf Vereinbarungen mit dem Land vom Februar 2013. Die vom Regierungspräsidium beanstandeten Abweichungen seien im Schutzschirmvertrag sowohl mit dem Land Hessen als auch mit dem Regierungspräsidium exakt so vereinbart, wie sie in den Haushalt eingestellt seien, die jetzt aufgetretenen Abweichungen seien ausschließlich durch geänderte Landesgesetze zustande gekommen. Wörtlich: „Die jetzige Abweichung von 9,8 Millionen Euro hat die Stadt Offenbach nicht zu verantworten und sie kann sie auch nicht mit ihrer Haushaltspolitik beeinflussen.“ Es kann ja sein, dass Offenbach sie nicht beeinflussen kann, es ist auch so! Aber das gibt Ihnen Herr Oberbürgermeister und lhnen Herr Schwenke und Ihnen Herr Schneider doch nicht das Recht, einen Haushalt und die Haushaltsprognosen zu fälschen!
Verteidigungslinie 3: Es ist in so kurzer Zeit kaum möglich, ein Einsparvolumen von zehn Millionen Euro zu benennen. Dies übersteige die Summe aller freiwilligen Ausgaben für Kultur, Sport und Freizeit. Das ist bekannt, gibt Ihnen aber auch kein Recht, sich über Haushaltsrecht hinwegzusetzen.
Verteidigungslinie 4: Abtauchen! Seit Bekanntwerden des Briefs aus Wiesbaden aus 2013 am 25. oder 26.2. hat sich bis heute überhaupt kein Magistratsmitglied mehr geäußert. Seitdem zitiert die Offenbach Post nur noch „Die Kämmerei“ und „Aus dem Offenbacher Rathaus“ (Donnerstag 27.2., Seite 1) Kämmerer, und dann einige Tage später – in dessen Urlaub – der Vertreter des Kämmerers schweigen. Beredtes Schweigen nennt man sowas.
Gar nicht sprechen möchte ich in diesem Zusammenhang über einen anderen Kritikpunkt am Haushalt, dass wegen eines „Rechenfehlers“ der Kämmerei das Kreditvolumen mit 56,4 Millionen und nicht mit 29,3 Millionen Euro ausgewiesen wurde. Professionalität sieht anders aus.
Offenbach befindet sich in der größten Krise der Nachkriegsgeschichte. In dieser Zeit benötigt es eine Koalition eine Stadtregierung mit Strategie und Umsetzungskompetenz. Ob Markterkundungsverfahrenabbruch, Schutzschirm, Mission Olympics diese Koalition bietet ein Bild des Jammers. Wo immer man in der Region auf Offenbach angesprochen wird, ist von der Schwachen politischen Führung die Rede. Die Koalition ist damit selbst ein Standorthindernis.
Offenbach hat alle Chancen. Der Kaiserlei entwickelt sich, die Berliner Straße beginnt es 15 Jahre nach dem S-Bahn-Nau zu brummen, der Hafen ist eine Chance. Schade, dass diese positiven Entwicklungen vom Zustand dieses Bündnisses überdeckt werden.“