"Freie- und keine Freier Demokraten“

05.03.2013

Der Offenbacher CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Freier hatte in einer Presseerklärung die Offenbacher FDP und ihren Fraktionsvorsitzenden Oliver Stirböck für die konstruktive Haltung der FDP bei der Entschuldung der Stadt scharf – und mit Verunglimpfungen garniert – angegriffen. Stirböck beschreibt in seiner Replik seine Vorstellung von verantwortungsvoller Opposition.

Die Offenbacher CDU hat in der letzten Stadtverordnetensitzung den Schutzschirmvertrag mit dem Land Hessen sowie die Grundsteuererhöhung in unverantwortlicher Weise abgelehnt. Wäre die Stadtverordnetenversammlung dem Abstimmungsverhalten der CDU gefolgt, könnte das Land weder die Teilentschuldung der Stadt von 200 Millionen Euro vornehmen, noch 40 Millionen Euro aus dem Landesausgleichsstock überweisen. Denn beides hatte das Land mit den Beschlüssen verknüpft. Statt nachvollziehbar zu erklären, warum die Union bereit war, 240 Millionen Euro in den Sand zu setzen, hat sich ihr Fraktionsvorsitzender Peter Freier in einem weitgehend inhaltsfreien Ablenkungsmanöver auf die oppositionelle FDP eingeschossen und sie in die Nähe zur Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FW sowie OB Horst Schneider gerückt.

Richtig ist: in den letzten Monaten hat die FDP nachweislich dezidiert das verbesserungsfähige Regierungsmanagement der Koalition und des Magistrates („regierungsunfähig“) angesprochen. Sie hat die Klinikpolitik des OB und des Klinikdezernenten kritisiert und sehr deutlich die autofeindlichen Verkehrspolitik des neuen Ordnungsdezernenten Felix Schwenke (SPD) bemängelt. Mehrfach hat sie den OB für das verunglückte Verfahren beim Einbringen des ersten Schutzschirmantrags getadelt.

Daher steckt hinter der Kritik der Union an der FDP etwas anders: ein anderes Verständnis von Opposition. Die FDP hat sich als Oppositionspartei vorgenommen nicht aus Oppositionsreflexen heraus zu handeln, sondern so wie sie es tun würde, wenn sie alleine in Regierungsverantwortung stünde. Daher stimmt sie zwar durchaus häufig mit der Union überein, aber nicht immer. Stattdessen pflegt die Union, wenn sie nicht gerade wie beim Schutzschirm taktische Mätzchen gegen den OB macht, das Prinzip der Opposition um der Opposition willen. Sehr deutlich wird dies an der Aussage ihres stellvertretenden Kreisvorsitzenden Roland Walter nach der von ihr verlorenen OB Wahl: „Ich erwarte von den 42 Prozent Peter Freier-Wählern, dass sie den Oberbürgermeister durch die Stadt treiben“. Die Liberalen glauben, dass viele Menschen genau ein solches Freund-Feind-Denken zu Recht abstößt.

Diese Denkweise der Union macht auch vor der FDP nicht halt. Die CDU hat erkennbare Probleme damit, dass die Liberalen auch in der Opposition eine eigenständige Rolle spielen. Ob es der Christenunion aber passt oder nicht: Die FDP sind die „Freien Demokraten“, nicht die „Freier Demokraten“. Anders als die Strategen der Union dies auf Parteitagen und Neujahrsempfängen mit ihrer holzschnittartigen Rhetorik glauben zu machen versuchen, wissen wir sehr gut, dass es keine Patentrezepte gibt, die schwierigen Probleme der Stadt Offenbach zu lösen. Wir wollen auch in Zukunft eine konstruktive Rolle übernehmen und keine Mecker-Opposition sein. Gerade in der schwierigen Zeit des Haushaltsnotstands braucht es nicht nur eine bessere Stadtregierung, sondern auch eine Opposition, die taktische Interessen hinten anstellt und verantwortlich handelt.

Oliver Stirböck