Haushaltslage ist ernst

12.06.2021

Die Freien Demokraten treten der Interpretation des scheidenden Kämmerers Peter Freier (CDU) entgegen, die Stadt habe eine „gute finanzielle Lage, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben war“.

FDP-Vorsitzender Oliver Stirböck meint, „in den letzten 30 Jahren hat es unter keinem Kämmerer, ob er Sozialdemokrat oder Christdemokrat war, eine nachhaltig entspannte Haushaltssituation gegeben.“ Freiers Bilanz erwecke den gefährlichen Eindruck „alles ist gut, die Lage ist aber weiter ernst“. Das faktische, strukturelle Defizit sei in den vergangenen drei Jahren „auf Anweisung der Kommunalaufsicht“ maßgeblich durch eine sehr schmerzhafte Grundsteuererhöhung  ausgeglichen worden, außerdem habe es Entlastungen durch Land und Bund gegeben. Die vor einem Jahr um 100 Punkte wieder gesenkte Grundsteuer sei kurzfristiges Spiegelbild dieser Entlastungen gewesen. Stirböck: „Sie zwingt uns jetzt zu extrem sparsamen Haushalten, um ein Drehen an der Steuerschraube langfristig zu vermeiden. Das hat einen heilsamen pädagogischen Effekt für politische Kräfte, die jeden Spielraum für neue Ausgabenphantasien nutzen wollen statt die Bürger zu entlasten“. Die Steuerstabilität werde aber kein Selbstläufer. Denn an der Schere zwischen der zu geringen Einnahmen aus Gewerbesteuer und zu hohen Kostenblöcken im Bereich der sozialen Sicherung habe sich leider im Grundsatz nicht viel geändert. Zu erwartende Einnahmeausfälle und Ausgabensteigerungen durch die Pandemie verschärften das Problem zusätzlich. Die Freien Demokraten befürchten zudem weitere tickende Zeitbomben, etwa bei den Pensionsrückstellungen. Der Offenbacher Haushalt befinde sich daher weiter in extrem starker Schieflage. Die von Freier erwähnten Rücklagen von 78 Millionen Euro seien in seinen eigenen Planungen bis 2024 aufgebraucht. „Das ist kein beruhigendes Polster, wir sind auf einem Holzbrett gebettet“, meint Stirböck. Zurecht verweise Freier auf die großen finanziellen Herausforderungen, die auf die Stadt zukommen. „Die Stadt muss hier entschieden entgegenwirken, wir brauchen eine Ausgabennotbremse, vor allem bei den so genannten konsumtiven Ausgaben“, meint Stirböck. Das betreffe etwa Stellenbesetzungen, Standards beim Öffentlichen Nahverkehr. „Es handelt sich um wirklichen Verzicht, es wird wehtun“, meint Stirböck. Die Stadt müsse sich bei den Ausgaben noch stärker auf Zukunftsaufgaben konzentrieren und das Wünschenswerte vom Machbaren sorgsam trennen.