„Stadt im Aufbruch gestalten“: Haushaltsrede – Dominik Schwagereit

03.12.2021

Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Damen und Herren,

„Die Stadt im Aufbruch gestalten“ ist die Überschrift unserer Ampelkoalition für diese Legislaturperiode. Nachdem Herr Walter eben den Kurs der Stadt mit der Titanic verglichen hat, bin ich etwas konsterniert. Ich denke wir reden von einem sehr unterschiedlichen Blick auf die Stadt:

Sie sehen die Stadt in Alarmismus, wir sehen die Stadt im Aufbruch. Sie wollen die Stadt im Aufbruch spalten, wir wollen die Stadt im Aufbruch gestalten. Das unterscheidet uns.

Ein Sprichwort sagt „Wenn der Wind des Wandels weht“, dann bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen. Wir wollen sprichwörtlich Windmühlen bauen und den Drive und Schwung, der nach Offenbach kommt, aktiv gestalten und nutzen. Das mit dem Mauern, dem Meckern und dem Mimimi überlassen wir anderen – wir wollen gestalten.

Fokus und Prio – Konzentrieren auf das Wesentliche

Ich bin im Hauptberuf als Coach unterwegs und begleite bei einer großen Digitalbank viele Führungsteams und Projektteams – und alle haben eines gemeinsam: einen Mangel an personellen Kapazitäten und finanziellem Budget. Was da hilft? Fokussieren und Priorisieren! 

Und genau das gilt auch für Offenbach. Fokussieren und Priorisieren. Konzentrieren auf das Wesentliche. Konzentrieren auf den Aufbruch in Wirtschaft, Wohnen, Bildung, Ökologie und Digitalisierung. Das sind unsere gemeinsamen Schwerpunkte als Koalition des sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Aufbruchs dieser Stadt. Gemeinsam konzentrieren wir uns auf das, was dem Aufbruch der Stadt hilft. Sie können gerne weiter Kritteln im Klein-Klein und ohne Gesamt-Konzept – wir konzentrieren uns mit Fokus und Prio für alles was mit Aufbruch unserer Stadt zu tun hat!

Vor dem Gestalten kommt das Haushalten

Doch vor dem Gestalten kommt das Haushalten und Maß halten. Wer etwas ausgeben will, muss erstmal seine Hausaufgaben machen. Wir haben uns vor Monaten als frische Koalition zusammengefunden und direkt alles durchforstet – jeden Cent und Knopf umgedreht. Motto: Sparen, Sparen, Sparen – um Spielräume für den Aufbruch zu gewinnen.

Dies hinzubekommen hat viel Kraft gekostet und ich darf mich ganz herzlich bei unserem neuen Kämmerer Martin Wilhelm bedanken, der ganz hervorragend zusammen mit der Koalition diesen Kraftakt gestemmt hat. Unser Dank gilt dem ganzen Magistrat, denn jedes Dezernat hat seinen Bereich gründlich durchforstet und Sparbeiträge geliefert. Und natürlich gilt unser Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Veraltung, die mit viel Engagement den Weg mitgegangen sind. Die Task Force Sparen waren wir sozusagen alle gemeinsam in den letzten Wochen und Monaten. Das hat gut geklappt!

Im Ergebnis ist es uns gelungen: Wir haben heute einen genehmigungsfähigen Haushalt vorliegen, der ohne Erhöhung der Grundsteuer auskommt! Das war von Anfang an das Versprechen. Das haben wir eingehalten.

Lassen Sie mich an der Stelle kurz zu Herrn Walters Märchenstunde kommen und etwas klarstellen:

Märchen 1 zum Haushalt

Märchen 1 geht so, dass der Kämmerer Peter Freier ein bestelltes Haus hinterlassen habe. Das ist nicht die Wahrheit. Die mittelfristige Peter-Freier-Finanzplanung hat sogar ein dickes Loch hinterlassen. Er hat die Schulden nur nach hinten geschoben. Und entgegen Ihrer Behauptungen ist die Mittelfristplanung wesentlich für die Genehmigung des Haushaltes, weil sie wesentlich für die Beurteilung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Stadt ist. Das ist die Wahrheit.

Märchen 2 zum ÖPNV

Richtig ist, dass sie in der vorherigen Koalition das Thema ÖPNV mit aufgebracht haben.

Falsch ist, dass sie es weiter verfolgt hätten oder gelöst hätten.

Wir als neue Ampelkoalition haben uns das Thema vorgenommen und lösen mit dem neuen Kämmerer jetzt, was sie haben liegen lassen. Das entspricht der Wahrheit.

Märchen 3 zum LWV

Sie haben eben den Eindruck erweckt, dass Offenbacher LWV-Vertreter zum Nachteil der Stadt Offenbach abgestimmt hätten. Das ist grotesk und entspricht nicht der Wahrheit.

Zu Ihrer „Zeugnisvergabe“ für den Magistrat:

OB Katastrophe, Bürgermeisterin Katastrophe, Kämmerer Katastrophe, Baustadtrat Katastrophe – sie erwecken den Eindruck, der ganze Magistrat bestünde aus „Labbeduddel“ – obwohl sie mit der Hälfte der Leute bis vor knapp einem Jahr noch klasse zusammengearbeitet haben. Das ist verstörend.

Über 90 Prozent Ihrer Rede haben Sie sich nur mit Kritik an anderen beschäftigt – eigene Lösungsvorschläge? Fehlanzeige.

Sie wollen hier eine Story erzählen:

Alle anderen sind unfähig – außer Roland Walter und die CDU.

Bei allem schlechten sind immer die anderen schuld – außer Roland Walter und die CDU.

Das ist eine so simple wie falsche Story. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

Zurück zum Haushalt:

Von einem Liquiditätsloch von 39 Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung hin zu dem nun vorliegenden Haushalt war harte Arbeit. Letztlich ist es gelungen mit harten Einsparschnitten und der Konzentration auf die besonders wichtigen Themen einen soliden Haushalt aufzustellen. Und dass trotz der geringeren Schlüsselzuweisung von 15,5 Mio Euro.

Uns liegt also nun ein Entwurf vor, der im Ergebnishaushalt Erträge von rund 543,1 Millionen Euro und Aufwendungen von rund 564,5 Millionen Euro vorsieht.

Und es gibt einen neuen Rekord: Wir werden in 2022 so viel Investieren wie noch nie. Durch die Änderungslisten bei den Investitionen hat sich das nochmal deutlich bestätigt. Wir investieren 100 Mio. € in 2022. (Vorheriger Rekord war 84 Mio. €)  

Der Drahtseilakt ist uns gelungen: Wir haben eisern und viel gespart, um viel in den Aufbruch zu investieren!

Aufbruch bei Bildung

Trotz der massiven Sparanstrengungen ist es gelungen, die Schwerpunkte aus unserem Koalitionsvertrag vorantreiben zu können. Einer unserer Schwerpunkte ist und war die Bildung:

Und um einige zu nennen: 

– Sanierung und Erweiterung der Mathildenschule 26,0 Millionen Euro

– Geschwister-Scholl-Schule 29,5 Millionen Euro

– Edith-Stein-Schule 37,7 Millionen Euro.

für den Neubau eines Gymnasiums am ehemaligen Güterbahnhof sind 72,0 Millionen Euro vorgesehen,

für den Neubau der Grundschule mit Turnhalle und Kita in Bieber-Nord weitere 36,5 Millionen Euro.

Darüber hinaus darf man auch eine neue Kita 1 Friedensstraße oder den Neubau des JUZ Lauterborn (Thema Ganztagsbetreuung) nicht vergessen.

Davon wird das Meiste in den nächsten beiden Jahren vollständig oder in den wichtigsten Bauabschnitten fertig, der Neubau des Gymnasiums wird in dieser Zeit beginnen.

Hinzu kommen sukzessive in den nächsten beiden Jahren Teilsanierungen an Goetheschule, Friedrich-Ebert-Schule, Eichendorfschule und Anne-Frank-Schule und Humboldtschule.

Parallel sind aufwändig Interimsstandorte zu entwickeln.

Die genannten Projekte liegen bei rund 300 Millionen Euro und der Baumarkt ist von hoher Auslastung, Lieferengpässen und deshalb anhaltenden, starken Preissteigerungen geprägt. Das muss Politik einkalkulieren und zwingt zur strikten Ausgabendisziplin an anderen Stellen. Konzentration auf Bildung ist der wichtigste Schwerpunkt der Koalition.

Offenbach wächst und kann sich das auch nicht aussuchen. Das geht allen Städten in den Ballungsräumen so. Wir meinen aber, dass die Neubürger OF aber auch bereichern, auch sozialstrukturell. Das lässt sich auch längst mit Daten belegen. Aber der Wandel ist zu organisieren. Diesen Prozess gut zu steuern ist Aufgabe der Politik, nicht dagegen verbal Leute zu mobilisieren…

Beispiel Schülerzuwachs: Noch im Jahre 2000 bestand ein Schülerjahrgang aus rund 1000 Kindern. Jetzt sind es fast 1400 und in 5 Jahren ist mit rund 1600 Kindern zu rechnen. Allein in den aktuellen Erweiterungen werden rund 120 Klassenräume neu geschaffen! Und etliches wurde in den letzten Jahren schon geschaffen.

Aufbruch bei Digitalisierung

Neben dem Schulbau, haben wir auch die Digitalisierung der Schulen vorangetrieben.

Rund 13 Millionen fließen derzeit in die Offenbacher Schulen, zum größten Teil durch Fördermittel (Digitalpakt) finanziert. Aber die Abarbeitung mit immer neuen Anforderungen und Ergänzungen ist für alle eine Herausforderung. OF hat bereits alle (!) uns zustehenden Fördermittel durch Aufträge an Firmen belegt, alle Arbeiten und Anschaffungen sind beauftragt.

Derzeit läuft der aufwändige Einbau von W-Lan mit umfangreicher Verkabelung aller Schulen. Schon vorher hatte man alle(!) Schulen ans Glasfasernetz angebunden und schnelles Internet sichergestellt. Die Arbeiten laufen derzeit an 7 Schulen oder sind schon fertig, bis 2023 sind alle Schulen vollständig mit leistungsstarkem W-Lan ausgerüstet. Wir liegen da sehr gut!

Rund 6.000 neue mobile Endgeräte wurden angeschafft und eingerichtet, rund 1.000 schon bestehende erneuert. Alle Schulen erhalten „digitale Tafeln“, sie werden derzeit sukzessive ausgeliefert und installiert, im Laufe der nächsten beiden Jahre sind alle Schulen vollständig umgerüstet.

Man erkennt das ist eine Mammutaufgabe, die neben den Herausforderungen der Pandemie von den Schulen und der Schulverwaltung gestemmt wird. Auch dafür herzlichen Dank!

So wie es aussieht, wird diese aktuelle Mammutaufgabe ja auch nicht das Ende sein, denn die Berliner Ampelkoalition hat nun einen Digitalpakt II angekündigt, der auch Gerätewartung und Administration umfassen soll, sowie die Einrichtung, den Betrieb und die Vernetzung von Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule.

Auch die Digitalisierung in der Verwaltung schreitet voran. Offenbach tritt dem IKZ zum Thema Verwaltungsdigitalisierung mit 5 weiteren hessischen Kommunen (Marburg, Giessen, Hanau, Limburg, Wetzlar) bei (Magistratsbeschluss von Oktober), in diesem Rahmen werden auch div. Förderanträge/Kollaborationsprojekte gestartet, um innovative Lösungen in der Verwaltungsdigitalisierung gemeinsam umzusetzen.

Die Offenbach-App schreitet voran: nach Gesprächen mit Anbietern und Anwendern haben sich zwei Lösungen herauskristallisiert, so dass eine Feinkonzeption und Pilotierung für 2022/2023 geplant ist.

Mit dem Glasfaser-Spatenstich Anfang November werden wir einen annähernd 100%iger Ausbau in Offenbach in den nächsten 2 Jahren erreichen mit dem Fokus auf den Gewerbegebieten – ein wichtiger Standortfaktor für weitere Ansiedlungen wie im ja sehr erfolgreichen INNO-Campus.

Aufbruch bei Wirtschaft & City

In diesem Zusammenhang darf ich dann auch ausdrücklich unserem Oberbürgermeister danken, da er sich zusammen mit der neuen Amtsleitung vorbildlich für das Thema Ansiedlung und Standortmarketing einbringt. Auch, dass ein spezielles Standortmarketing für das Kaiserlei-Viertel 2022 weiterentwickelt wird.

Meine Damen und Herren,

wir wissen, das Wachstum der Stadt bereitet einigen Sorgen, andere stören die Baustellen. Trotzdem sehen wir im Wachstum der Stadt DIE Chance für eine vernünftige Entwicklung. Stillstand ist Rückschritt. Wir sollen froh sein, dass Offenbach für Menschen aus der Region attraktiv ist, dass man über die Stadt nicht mehr mit hochgezogen Augenbrauen spricht, sondern man von außen anerkennend auf die Stadt schaut. Das gilt fürs Wohnen und für die Wirtschaft.

Ja, die die Stadt ist derzeit eine einzige Baustelle. Das nervt, aber vieles wird auch demnächst fertig und zeigt Erfolge:

Am INNO-Campus ist mit Samson eine Jahrhundert-Ansiedlung gelungen. Und dem werden auch noch viele andere Unternehmen folgen. Da bin ich sicher.

Der Kaiserlei geht in die Endphase, im Laufe des kommenden Jahres wird alles fertig sein.

Mit Kaiserlei, Hafen und INNO-Campus haben wir exzellente Flächen und mit neu aufgestellter WiFö und leidenschaftlichem OB haben wir großartige Chancen auf weitere Ansiedlungen. Samson wird nicht der letzte Coup gewesen sein.

Und zur City:

Der Marktplatzumbau nimmt schon Gestalt an, wenn man hinsieht… .  Mitte 2022 wird er fertig sein.

Das Zukunftskonzept Innenstadt muss in seinen Schlüsselprojekten schnell umgesetzt werden. Wir haben da keine Zeit zu verlieren. Allen voran die Station Mitte, hinter der die Koalition steht. Der Blick in die Vergangenheit hilft weder beim Aufzählen leerer Läden, die sich mit alten Konzepten nicht mehr füllen lassen, und auch die Vorstellung, dass die Stadt die alle mietet und billig untervermietet ist jenseits unserer finanziellen Möglichkeiten. Wir brauchen in der City einen neuen Nutzungsmix, die dann auch dem Handel wieder eine Chance gibt. Handel und Gastronomie, Kultur und Events müssen eine gute Mischung ergeben, für die Menschen in die Stadt kommen. Die Innenstadt muss eine Erlebniswelt werden, Shoppen, Lernen, Unterhaltung, Essen und vieles mehr. 

Und daran arbeitet die Koalition und hat entsprechende Beschlüsse gefasst.

Schön wäre es im Übrigen auch, wenn diese Strategie auch von der Opposition getragen würde. Wir sollten das Projekt „Zukunftskonzept Innenstadt“ als unser gemeinsames Projekt für das Wohl der Stadt sehen. Für die Einzelhändler und die Gastronomen; für die Menschen in unserer Stadt. Dieses Projekt funktioniert aber nur, wenn es auch attraktiv ist in Offenbach zu wohnen und dann eben auch vor Ort zu einzukaufen und essen zu gehen. Auch deshalb ist die Entwicklung von Neubaugebieten wichtig sowie auch der Bau von Wohnungen im Innenstadtbereich. Mal davon abgesehen ist mehr Wohnraum der einzige erfolgversprechende Weg damit Mieten nicht mehr so stark steigen.

Neue Wohngebiet werden modern und nachhaltig entwickelt. Die Koalition bringt sich in die Details der B-Pläne ein, ob bei weiteren Verdichtungen (z.B. früheres Post-Gelände Marienstraße) oder bei Neubaugebieten wie Waldhof-West. Dies alles gut zu machen ist jetzt die Aufgabe. Nicht populistisch dagegen Stimmung zu mobilisieren.

Die privaten Investitionen am City-Center, Toys schreiten voran. In den nächsten beiden Jahren wird sich der gesamte Bereich schon deutlich verändert haben. Mit dem Einbau von Pollern an den Seitenstraßen Wilhelmsplatz gewinnt dieser Bereich weiter. Er zieht Menschen aus der ganzen Region an.

Bildung, Innenstadtentwicklung, Digitalisierung und aktive Ansiedlungspolitik sehen wir als Schwerpunkte der Stadtentwicklung. Und diese Schwerpunkte sehen wir trotz aller Herausforderungen im vorliegenden Haushalt gut abgebildet. Wir werden daher dem Entwurf zustimmen und würden uns über Unterstützung auch der Opposition freuen, denn großartige Alternativen wurden uns bisher nicht präsentiert.

Lassen Sie uns gemeinsam die Stadt im Aufbruch gestalten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit!