Ticona-Entscheidung keine Vorentscheidung für Nordwestbahn
Die gestern getroffene Entscheidung des VGH-Kassel zur Flugroutenklage der Ticona GmbH ist nach Auffassung des Offenbacher Flughafendezernenten Paul-Gerhard Weiß (FDP) keine Vorentscheidung zugunsten eines Flughafenausbaus im Nordwesten und auf die Problemlage dort auch gar nicht übertragbar, so das Presseamt der Stadt Offenbach.
In seiner Entscheidung stellt der VGH-Kassel fest, dass „Flugrouten“ keine Verkehrswege im Sinne der Seveso II-Richtlinie seien, sondern lediglich eine Ideallinie vorgäben, von der die Piloten aber sowohl seitwärts als auch in der Höhe abweichen könnten. Deshalb sei die Seveso II-Richtlinie, die einen angemessenen Abstand zwischen einer Störfallanlage und einem Verkehrsweg andererseits vorschreibe, nicht auf das Chemiewerk Ticona anwendbar.
„Dies mag ja bei den Abflugrouten so sein“, so Stadtrat Weiß. „Im Endanflug stellen die Flugrouten jedoch nicht nur Verhaltensvorschriften für die Piloten dar, es sind exakt und verbindlich einzuhaltende Verkehrswege, von denen gar nicht abgewichen werden kann. Man kann da kein Schleifchen mehr drehen“. Da die Anflüge wesentlich unfallträchtiger seien als die Abflüge, dazu die Anfluggrundlinie zwingend einzuhalten sei, wäre die Frage im Genehmigungsverfahren für die Nordwestbahn erneut und unter anderen Gesichtspunkten zu prüfen, so Weiß. „Wenn in der Endphase des Landeanflugs ein bereits existierendes Chemiewerk tangiert ist, ergibt sich eine ganz andere rechtliche Abwägungslage“.
Weiterhin deute die Zulassung der Revision auf eine längere „Hängepartie“ im Genehmigungsverfahren für die Nordwestbahn hin. Der Genehmigungsbehörde in Wiesbaden könne nur geraten werden, die voraussichtliche Entscheidung des EU-GH abzuwarten, bevor eine Planfeststellung erfolge, so Weiß.
Nicht nachvollziehbar sei für ihn die „Freude“ der hessischen Landespolitiker über das gestern ergangene Urteil. „Politiker sollten sowohl die Zukunft des Unternehmens Flughafens als auch die berechtigten Belange eines bedeutenden Unternehmens Ticona mit hochqualifizierten Mitarbeitern im Auge haben. Und vor allem darf bei einer neu gebauten Landebahn keine zusätzliche Gefahrenlage geschaffen werden.“
Es sei für ihn, so Weiß, nicht nachvollziehbar, weshalb die Fraport AG und die Hessische Landesregierung bisher nicht den Vorschlägen der Stadt Offenbach zur Weiterentwicklung des Flughafenstandortes Frankfurt gefolgt seien. Diese Vorschläge würden die diskutierten Konflikte vermeiden und die Zukunftsfähigkeit sowohl eines Hochtechnologie- als auch Flughafenstandortes in Hessen sichern, so Weiß.