Haushaltsrede: Aus eigener Kraft Haushaltsausgleich schaffen

In seiner Rede zum Haushalt 2010 plädiert FDP-Fraktionsvorsitzender für sparsames Wirtschaften und definiert 4 Stellschrauben auf dem Weg zum ausgeglichenen Haushalt. Die Stadt müsse anstreben, aus eigener Kraft, die „schwarze Null“ zu erreichen.

Rede des FDP-Fraktionsvorsitzenden Oliver Stirböck zum Haushalt 2010.

Noch vor 30 Jahren galt Österreich als armes Land. Vor allem jenseits des pulsierenden Wiens herrschten einfache Verhältnisse. Deutschland war die Konjunkturlokomotive Europas. Heute arbeiten zahlreiche deutsche Gastarbeiter im Nachbarland. In seinem Werk vom Aufstieg und Niedergang der Nationen („The Rise and Decline of Nations“) hat Mancur Olsen, ein führender Vertreter der neuen politischen Ökonomie, Aufstieg und der Niedergang werde durch die Fähigkeit oder Unfähigkeit von Gesellschaften zum institutionellen Wandel geprägt.
Die Lehre Olsens von Aufstieg und Niedergang der Nationen lässt sich auch auf die Kommunen übertragen. Vom Kuhdorf Eschborn hätte vor 50 Jahren niemand gedacht, dass es Standort der Deutschen Börse wird, von einer Industrie-Stadt wie Offenbach nicht, dass sie mit ihren Gewerbesteuereinnahmen nicht einmal mehr den Sozialetat decken kann. Erfolg ist also kein Naturgesetz. Aber: Misserfolg auch nicht. Der Aufstieg ist möglich.

Gegen eine Kultur des Jammerns: Haushaltsausgleich aus eigener Kraft anstreben

Rahmenbedingungen ändern sich. Aber auch wir können, wir müssen ändern! Der Haushalt 2010 wird der 22. Defizithaushaltes seit 1986. Auch mit allen Änderungsvorschlägen der Union ändert sich daran Nullkomanichts. So wie es in dieser Situation unseriös wäre, den Haushaltausgleich für die nächsten Jahre zu versprechen, wäre es im höchsten Grade mutlos, ihn nicht mit aller Kraft und aus eigener Kraft anzustreben und verantwortungslos, nicht all unser politisches Handeln darauf auszurichten, die Weichen so zu stellen, dieses Ziel zu erreichen. Wir haben überhaupt nichts gegen eine Diskussion über einen gerechteren interkommunalen Lastenausgleich. Ich warne aber vor einer Kultur des Fatalismus und des Jammerns. Das bringt uns nichts und das gibt auch nicht die Chancen unserer Stadt angemessen wieder.

Wir sollten mehr über Stärken Offenbachs reden

Auch das Schlechtreden ist nichts anderes als eine Form des Jammerns. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Die einen sagen das KOMM ist zu groß, andere sagen das KOMM ist zu klein, den einen fehlt das große Zugpferd (Freier, lt. FR 27.5.08), den anderen die kleinen Boutiquen. Und gerade wir Lokalpolitiker neigen dazu, die sicher vorhandenen Defizite im Warensortiment unserer Stadt herauszuarbeiten. Der gemeine Besucher der Offenbacher Innenstadt sieht das nach eine IHK-Umfrage anders: 60 % bewerteten das Einzelhandelsangebot der Innenstadt schon vor Einweihung des KOMM gut (und 2/3 bewerten das Gastronomieangebot als gut). Und wem Zahlen zu nüchtern sind, dem lese ich gerne elegische Worte aus einem Artikel einer FAZ-Journalistin vor: „Eine Frankfurterin fährt mit der S-Bahn nach Offenbach. Dort, am Marktplatz angekommen, wundert sie sich über die saubere und moderne S-Bahn-Station. 5 Min. dauert der Fußmarsch zum neuen Vorzeigeobjekt der Stadt, dem KOMM. Rund 50 Läden auf 16000 m2 – das hätte sich nach dem bekannten Einzelhandelsmonstrum-Mix angehört. Und natürlich sind auch die üblichen Verdächtigen vertreten. Aber irgendwie findet die Frankfurterin, die eigentlich kein Fan geschlossener Einkaufswelten ist, fügt sich alles zu einer angenehmen Mischung zusammen. Noch einmal extra für das KOMM herkommen würde sie nicht. Wenn schon aus einem anderen Grund. Auf dem Weg über die große Marktstraße ins Einkaufszentrum hat sie nämlich festgestellt, dass es in Offenbach noch richtige Fachgeschäfte gibt. Ein Strümpfegeschäft mit einem breiten Angebot, das sich in dieser Breite in Frankfurt nicht finden lässt. Und auch ein Schuhhaus, mit einer außergewöhnlich guten Auswahl, ein paar Schuhe hat sie auf dem Rückweg gekauft. Und ein anderes ins Auge gefasst. Die Frankfurterin wird also wiederkommen nach Offenbach“. (FAZ, 22.10.09, gekürzt).
Was ich damit sagen will: Eine kritische Schwächenanalyse ist sicher die Voraussetzung für jede strategische Planung. Wir sollten dabei aber auch nicht die Stärkenanalyse vergessen, nicht vergessen, uns immer wieder und immer wieder unserer Stärken zu vergewissern, uns ihrer zu besinnen und auch über diese Stärken zu reden. Um im Beispiel zu bleiben. Ich war am Samstag im auch in Offenbach viel beworbenen Loop5 in Weiterstadt, da war viel los. Darmstadt hat da ein echtes Problem vor der Haustür. Aber ich war froh als ich wieder draußen war. Wir haben unser kleineres, charmantes Einkaufszentrum in der Mitte der Stadt, die dadurch vielleicht wieder stärker zum Treffpunkt wird. Das ist gut so. Und das sollten wir den Menschen auch sagen. Vielleicht sind wir – wie der Haushalt zeigt – ärmer als andere Städte, aber nicht dümmer!

Früher war nicht alles besser

Zu einer strategischen Planung gehört es auch, die Fakten nicht verzerrt wahrzunehmen, indem man etwa die alten Zeiten glorifiziert. Vor 30 Jahren habe ich die Waldstraße teilweise als industriellen Trümmerhaufen empfunden, gab es immer noch eine Unmenge von Kriegsschäden, gab es mit dem kleinen Biergrund eine echte Gangsterkulisse, realistischer als das Tambourbad vor dem Bau des Sportzentrums. Nicht dass heute alles gut wäre. Aber es muss auch einmal gesagt werden: früher war auch nicht alles besser.

Der Wandel von der Arbeiterstadt zur Dienstleistungsstadt ist noch nicht beendet

Manche – vor allem außerhalb Offenbachs – haben geglaubt, die Stadt sei durch die Haushaltsanierung schon über dem Berg. Tatsache ist sie noch nicht mal richtig aus der Talsohle der Strukturprobleme heraus. Tatsache ist, dass fast 20 nach der berühmten Klausurtagung, von der die Horst Schneider hier immer als Fraktionsvorsitzender erzählte, als die SPD nämlich akzeptierte, dass sich aus der Industrie- eine Dienstleistungsstadt entwickeln muss, dass nach 20 sogenannter Sanierungshaushalte die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben weiter auseinander klafft denn je.
Ich habe mir die Mühe gemacht, mir nicht nur den CDU-Änderungsantrag zum Haushalt 2010 anzuschauen, sondern auch noch mal die Anträge und Forderungen aus Pressemitteilungen und angeblichen Sparvorschlägen der letzten 2 Jahre. Mit ihnen wären die Schulden nicht weg oder deutlich niedriger – wie sie manchmal suggerieren, sie wären sogar deutlich höher!
Immer wenn wir mit viel Kraft für eine sparsame Politik gekämpft haben, war die Union nicht nur keine Hilfe, sondern sie war auf der anderen Seite!

Eine konsistente Strategie für die Stadt

Die stadtpolitische Strategie ist manchmal vielleicht nicht ausreichend sichtbar

Wir kennen die strukturelle Schieflage des Haushaltes. Wir wissen, warum dies so ist. Die Koalition hat aber auch einen gemeinsamen, konsistenten Plan wie wir aus der Schuldenfalle herauskommen wollen. Ich gebe zu: Ernsthafte, wichtige, aber manchmal quälende Debatten innerhalb der Koalition oder innerhalb des Parlaments – etwa über große Themen wie die SOH-Geschäftsführung oder kleine Themen wie den Müllerweg tragen manchmal dazu bei, dass die stadtpolitische Gesamtstrategie manchmal in den Hintergrund gerät, nicht ausreichend sichtbar wird. Vielleicht wird sie auch nicht immer ausreichend erklärt.
Wir wollen die Qualität weiter steigern und Qualität zeigen
Es geht dieser Koalition im Kern darum, dass wir mit all den Maßnahmen, die wir initiieren, die Qualität des Standortes weiter verbessern und die Standortqualität voranbringen. Wenn wir einen Bebauungsplan für das KOMM aufstellen, Schulen sanieren, den Büsing-Park gestalten, für mehr Sicherheit und Sauberkeit arbeiten oder auch nur eine Marketingkampagne für die Ansiedlung von Studenten anregen oder uns für eine bessere Beschilderung des Waldzoos einsetzen, dann betrachten wir das nicht als Einzelmaßnahmen, um Einzelinteressen abzuarbeiten, dann sind das größere und kleine Instrumente, einer Stadtstrategie, die das Ziel hat den Standort zu stärken, Unternehmen und Bürger anzusiedeln und anzuziehen, die Steuern zahlen.

Sparsam mit den Mittel der Bürger umgehen

Und bei allen kleinen und großen Maßnahmen achten wir darauf, dass wir sparsam mit den uns anvertrauten Mitteln der Bürger umgehen.
* Und deswegen müssen wir natürlich auch, wenn es wehtut Verzicht üben.
* Deswegen haben wir beispielsweise dafür gesorgt, dass es für den städtischen Investitionsanteil am Stadion auch eine volle Kompensation gibt.
* Deshalb sorgen wir dafür, dass etwa beim Öffentlichen Nahverkehr nicht all das gemacht wird, was wir uns auch selbst wünschen grundsätzlich würden und was im Nahverkehrsplan steht.
* Deshalb werden wir auch verschärft auf den Stadtkonzern schauen. Sparsamkeit ist auch in den städtischen „Nebenhaushalten“ angesagt. Also im Stadtkonzern. Die Liberalen sind froh und auch ein wenig stolz, dass ein nüchterner, fachlich versierter Betriebswirt die Leitung der SOH übernommen hat. Auf einem Schiff, das dampft und segelt gibt´s jetzt wieder einen, der die Sache regelt, das ist Peter Walther und das ist gut so.
o Wir werden – sensibilisiert durch einige Diskussionen der letzten Monate – trotzdem künftig mit Argusaugen darauf achten, dass im Stadtkonzern die Kompetenz und Praxiserfahrung der Stadt-Töchter angemessen mit einbezogen wird und sich die Holding nicht selbst neue Aufgaben schafft oder neue Risiken jenseits bestehender Beschlüsse eingeht.
o Wir werden ebenso darauf achten, dass die SOH und ihre Töchter ebenso wie die die Stadt Offenbach jeden Euro mehrfach umdreht. Auch bei der SOH ist das Geld knapp. Wir wollen nicht über jeden Bleistift mitdiskutieren, wir werden die politische und auch parlamentarische Rückkopplung von Entscheidungen der Töchter stärker einfordern.
o Wir werden deshalb m.E. Strukturen korrigieren müssen, um die Entscheidungen der SOH aus einer Art Blackbox wieder in die politische Verantwortung zurückholt.
Der Magistrat regiert, die SOH managt, aber der Treuhänder der Steuergelder ist das Stadtparlament. Die Gleichung je höher die Summe, desto geringer die Mitsprache des Parlamentes – das machen wir nicht mit.

Sparsames Wirtschaften und die Überprüfung des Umfangs städtischer Aufgaben (etwa im bereich der Wohnungswirtschaft oder Energieversorgung) bleibt die Gründlage für spätere ausgeglichene Haushalte. Mit einer Politik sparsamen Konsums legen wir aber nur die Basis für wirtschaftliche Gesundung der Stadt. Es funktioniert nicht allein Offenbach gesund zu sparen, wir müssen Offenbach auch weiter entwickeln. Nicht nur mit Geld, sondern vor allem mit Ideen. Sonst fällt der Standort im Wettbewerb der Region zurück. Dazu müssen wir jetzt an den richtigen Stellschrauben drehen, mit Maßnahmen, die sich auch gegenseitig unterstützen.

Stellschraube 1: Bildung. Bildung. Bildung.

Die Offenbacher Union spricht immer wieder von einem Bevölkerungsstrukturproblem. Wenn die Einkommenssteuereinnahmen nur ungefähr 40 % der Transferaufwendungen und alle ordentlichen Steuerträgen (112,1 Mio. ) gerade mal die der Transferaufwendungen (101,1 Mio.) decken, dann ist ein Sozialstrukturproblem nicht zu bestreiten. Nur reicht es eben nicht, Probleme zu benennen. Die CDU hat hier 2 Sozialdezernenten und einen OB-Kandidaten verschlissen, die weder die grundlegend Probleme gelöst, noch wirkliche Lösungsansätze geliefert haben. Es gibt – zugegeben auch keine Patentrezepte. Aber der Schlüssel für soziale Probleme der Stadt, die erste Stellschraube, liegt in einer konsequenten Bildungspolitik. Das ist genau der Grund dafür, dass Bildung, Bildung, Bildung, das „ThemaThema“ der Liberalen und dieser Koalition ist. Bildungschancen für die vielen jungen Menschen dieser Stadt ist die Zukunftschance für Offenbach und die soziale Fragstellung dieser Stadt.
Der CDU – so ist zu lesen – geht es mit der Schulsanierung zu langsam*. In der Legislaturperiode 1993-1996 – als die Union hier zuletzt regierte gab die Stadt Offenbach im Durchschnitt jährlich rund 2 Millionen € für die Schulsanierung aus. 2007 bis 2011 jährlich rund 14 Mio. €.**
Diese Koalition behebt damit Schritt für Schritt den jahrzehntelangen Sanierungsstau. Das Regierungspräsidium hat die Problematik des „Investitionsstaus“ an den Schulen schon in seiner Haushaltsgenehmigung für 2008 sehr überzeugend aufgearbeitet. Wir beenden die Politik der Deinvestionen zu Lasten kommender Generationen und damit die implizite, also die versteckte Verschuldung.
Ohne stärkere Investitionen in Bildung wird Offenbach auch im regionalen Wettbewerb um kluge Köpfe weiter abfallen und wird es nicht gelingen, die Potenziale der vielen jungen Menschen, die wir haben, zum Positiven zu nutzen.
Wir steigern die Qualität und Attraktivität des Standortes, indem wir die Schulen sanieren, in frühkindliche Bildung investieren und das öffentliche Schulangebot auch bezüglich Ganztagsangebote und Unterstützung moderner Pädagogik weiterentwickeln. Damit schöpfen wir das Potenzial der jungen Stadt Offenbach aus, machen aus Einwohnern Bürger und eröffnen bildungsfernen Schichten den Zugang zur Gesellschaft.
Wir müssen nach Auffassung der FDP darüber hinaus die jungen Menschen fördern,
* indem wir uns dafür einsetzen, dass es auch an öffentlichen Schulen bilinguale Angebote gibt
* indem wir mit den Schulen über ungewöhnliche Wege der Integration nachdenken, etwa über Unterrichtsmaterialien für Heimatunterricht, damit junge Menschen schon in der Grundschule lernen, warum die Stadtgrenze Landesgrenze heißt und die Bachstraße nicht Johann-Sebastian-Bach benannt ist, und die Kinder somit beginnen, sich mit ihrer lokalen Umgebung stärker zu beschäftigen und zu identifizieren.

Stellschraube 2: Bevölkerungsentwicklung mit Konzept steuern

Die Offenbacher Union nennt es gerne Parallelgesellschaft. Ich glaube, die Probleme der Migration sind in Offenbach so besonders augenfällig, auch augenfälliger als etwa in Frankfurt, weil die sog. Problemviertel, es sind auch Viertel mit Chancen, zu einem nicht unbeachtlichen Teil direkt um den engsten Kernbereich der Innenstadt gruppiert und Teil dieses sind. Ich will keinen akademischen Begriffsstreit führen und sicher keine Probleme verharmlosen, aber schon einmal anmerken, dass das was die Union so gerne „Parallelgesellschaft“ nennt, nämlich die sozialräumliche Ausdifferenzierung der Wohnbevölkerung, die Segregation nach Herkunft, sozialer Lage und Lebensstil, der Hang zur Mehrheitsgesellschaft in der jeweiligen Umgebung zu gehören, eine sehr menschliche Eigenschaft ist (Gated Communities genauso wie Problemviertel). Stadtstrategien müssen auch realistisch sein: Wir werden parallele Strukturen überhaupt nicht verhindern können, wir können aber versuchen, ihre Folgen zu mindern.
Genauso wie ich es für richtig halte, dass wir etwa mit dem Umbau des Ostendplatzes stadtteilbezogene Identität stärken, halte ich es für goldrichtig, dass wir als 2. Stellschraube die Qualität des Standortes steigern, indem wir in Problemvierteln Identifikationspunkte schaffen, von Kulturzentren bis zum Ostpol stärken, mit denen sich die Bewohner dieser Quartiere identifizieren. Wenn wir es mit einer richtigen Bildungspolitik verknüpfen, kann es uns gelingen solche Gebieten zu Orten der Integration zu machen, d.h. zu Orten, an denen sich alle, an die Menschen an Regeln halten, die ungeheuren menschlichen Potentiale zu heben und es für die Produktivität des Standortes zu nutzen
Wir müssen nach Auffassung der FDP darüber hinaus unser Strukturprobleme dadurch verringern, dass wir
* wir die grünen Lungen Buchrain und Buchhügel erhalten
* Innenstadt, Nordend und Mathildenviertel für Studenten attraktiv machen
* Die Entwicklung des Wohngebiets Waldhof II vorbereiten

Stellschraube 3: Stadtimage – stärken wir den Standort durch ein klares Profil

Wir stellen als 3. Stellschraube die Weichen, damit sich Offenbach Kreativstandort weiterentwickelt – nicht als Wetterstadt wie das mal die Union angeregt hat (weil in Offenbach wird das Wetter nicht gemacht – sondern nur beobachtet, während Kreatives gemacht wird).
Kreativimage ist ein harter Standort-Faktor. In der Kreativwirtschaft sind bundesweit genauso viele beschäftigte tätig wie etwa in die der Chemischen Industrie.
Mit einigem Recht sagen Skeptiker, dass die Kreativszene in Berlin, Düsseldorf oder auch Frankfurt größer ist als in Offenbach. Das sind übrigens auch größere Städte. Für eine Stadt unserer Größe haben wir schon ein sehr beachtliches Kreativ-Cluster. Darmstadt kann am besten Wissenschaft, Frankfurt kann am besten Banken. Wir können am besten Kreativwirtschaft. Im Wettbewerb in der Region und im auch im nationalen Wettbewerb können wir also unsere komparativen Standortvorteile geltend machen.
Wir können nicht nur auf Traditionen wie Klingspor und Lederdesign aufsetzen, wir haben nicht nur mit der HFG eine renommierte Kreativhochschule. „Offenbach als Kreativstadt – das Image hat sich in der Kunstszene durchgesetzt“, sagte etwa Prof. Blum beim hfg-Rundgang (9.7.09).
Das Image als Kreativstandort ist eine große Chance für Offenbach. Wo Künstler und Kreative leben, passiert auch im Umfeld ganz viel Positives, sagt etwa die Frankfurter Architektin Birgit Mannel. Berlin-Kreuzberg in der Ferne und die Hanauer Landstraße sind Beispiele wie heruntergekommene Viertel durch Kreative attraktiv wurden. In Leipzig und Dresden setzen Stadtplaner so gar ganz bewusst Künstler ein, um Problemviertel aufzuwerten. Das, was vor 2 Jahren noch wie eine spinnerte Idee aussah, hat sich mittlerweile weiterentwickelt. Allein die Diskussion über das Thema Kreativstadt hat das Image als kreativer Standort gestärkt. So veranstaltetet die IHK eine Reihe „Unternehmen – Schrift – gestalten“, um den Kreativen wieder eine Plattform zu geben.
Wir steigern die Qualität des Standortes, indem wir den längst nicht beendeten Wandel von einer Arbeiter- zu einer Dienstleistungsstadt, von einer Stadt mit einer HFG zu einer Kreativstadt weiter entwickeln. Dazu haben wir in der Änderungsliste einen ersten Schritt zur Verwirklichung eines Marketing-Konzepts der Wirtschaftsförderung eingestellt. Weitere werden folgen.
Wir müssen nach Auffassung der FDP darüber hinaus unser Kreativimage und das Stadtimage stärken,
* indem wir mittelfristig bei den freiwilligen Leistungen zugunsten des Kreativsektors umschichten.
* indem wir mit einer gezielten Ansiedlungspolitik dazu beitragen, dass Offenbach das größte Atelierhaus Frankfurts wird.
* indem wir gemeinsam versuchen mit der Messe Offenbach eine Kreativmesse in die Stadt zu holen
* indem wir die unterschiedlichen Treiber des Stadtmarketings (Wirtschaftsförderung, Amt für Öffentlichkeitsarbeit, SOH, OSG) besser vernetzen – am besten in einer eigenen Gesellschaft, allerdings ohne neue Overheadkosten aufzubauen.
* indem wir für einen gemeinsamen Auftritt, für ein gemeinsames Corporate Design von Stadt und Stadttöchtern sorgen
* indem wir den Ausbau der Offenbacher Hafeninsel zu einer Kreativinsel positiv begleiten- gelingt es wirklich, die HfG an dieser Stelle zu platzieren, wäre dies der Big Bang für die HfG, für den Hafen und die Kreativstadt Offenbach.

Stellschraube 4: Stadtplanung – Qualitätswettbewerb durch Rahmen

Die Union hat der Koalition mal vorgeworfen, es würden hauptsächlich sichtbare Projekte verwirklicht. Das stimmt. Wir wollen Projekte verwirklichen, die den öffentlichen Raum sichtbar aufwerten. Wir entwickeln als 4. Stellschraube Offenbach aus der Innenstadt heraus. Dort wo die Mängel am gröbsten sind und sie zugleich am sichtbarsten sind. Wir setzen Gegengewichte:
Mainufer, Wilhelmsplatz, Büsing-Park, Lilli-Park, Martin-Luther-Park und nächstes Jahr Dreieichpark, auch wenn es da lange nicht zur Luxussanierung reicht, die der HR letztens mal vorgeschlagen hat. Das sind Areale inmitten der Stadt, die wir vorzeigen können, auf die wir stolz sein können.
Wir haben jährlich – neben der Schulbausanierung – rund 15 Millionen für Investitionen zur Verfügung. Das klingt vielleicht viel, ist es aber nicht, auch weil viele Erhaltungsinvestitionen dabei sind. Es muss daher darum gehen, die wenigen Mittel, die wir haben, so einzusetzen, dass Sie eine größtmögliche Wirkung mit sich bringen, dass sie sogar in der Lage sind neue Investitionen von Privaten anzustoßen, also Multiplikatorenwirkung entfalten.
KOMM, Kleiderfrei, Investitionen etwa von Hoch-Tief in qualitativ hochwertige Angebote an der Löwenstraße und Ludwigstraße der Innenstadt heben das Niveau und zeigen das Vertrauen von Investoren in unseren Standort. Es wäre daher grundfalsch wie von der Union vorgeschlagen, etwa den Luisenhof in einer nicht anspruchsvollen Variante mit höherem Sozialhilfe-Anteil zu verwirklichen, die die Stadt nicht weiterbringt.
Wir steigern die Qualität des Standortes, indem wir die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöhen, durch zeitgemäße Plätze, anziehende Parks und neues Wohnen und Arbeiten in Citynähe.
Wir müssen nach Auffassung der FDP darüber hinaus die Stadt voranbringen,
1. indem wir ein Stadtleitbild und einen Masterplan zur Innenstadtentwicklung vorlegen (CDU und FDP schon seit vielen Jahren fordern)
2. indem wir Parken nicht nur mit einem volldynamsichen Parkleitsystem erleichtern, sondern indem wir die Brötchentaste flächendeckend in der Innenstadt einrichten, Parken mit dem Handy ermöglichen und ein Bonussystem/Rückvergütungssystem für Parkgebühren einführen, wenn jemand in der Innenstadt einkauft. Denn jeder Kofferaum ist ein potenzieller Großkunde.
3. indem wir überlegen für den Bereich City-Center/Toys-a`r-Us-Gebäude/Marktplatz überlegen einen „Wettbewerblichen Dialog“ nach Hanauer Vorbild zu betreiben
4. indem wir einen Bebauungsplan für die Kernstadt nach Mannheimer Vorbild prüfen, der die Ansiedlung von Spielotheken etc. mit dem Argument befürchteter Trading-Down-Effekte und damit den Qualitätswettbewerb fördert.
5. indem wir die großen Verkehrsachsen unserer Stadt verstärkt bepflanzen und Offenbach noch mehr zur grünen Stadt machen.
6. indem wir eine Gestaltungssatzung für die Innenstadt erlassen, die den Fassadenwildwuchs, Werbeschilder an Au0ßenfassaden begrenzt
7. Indem wir die Kundenstopper im Kernbereich stoppen und damit den Schaufenstern als eigentlichen Auslagen der Geschäfte wieder eine höhere Priorität zubilligen (klasssicher Fall von Gefangenendilemma)
8. indem wir die Qualität der Feste weiter verbessern, die Standards weiter erhöhen und auch das Potential des neu gestalteten Wilhelmsplatzes nutzen
9. indem wir Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt fördern und nachdem wir jetzt an besonders prekären Stellen befristet (darauf haben wir wert gelegt) Videokameras aufgestellt haben und die Ordnungspolizei personell aufgerüstet haben, durch eine ehrenamtlichen Ordnungsdienst (bekannt geworden durch den Titel freiwilliger Polizeidienst) ergänzen, der einfache Ordnungs-Aufgaben abnimmt.

Da entwickelt sich was

Nicht alle eben vorgeschlagenen Instrumente werden sich durchsetzen. Die FDP hat nicht die absolute Mehrheit. Und manchmal überzeugten uns auch die Koalitionspartner oder die Opposition.
Aber wir haben als Koalition eine klare Linie. Wir haben Ideen, unsere Koalitionspartner haben Ideen, die Union hat auch Ideen. Sie müssen jedoch immer Teil einer Strategie sein.
Ich bin sicher: Wir schaffen gemeinsam eine Eigendynamik des Erfolgs schaffen, um die Negativspirale von Misserfolgen zu beenden. Wir haben die Kraft zum Wandel.
Das neue Klinikum (trotz aller Probleme), das neue Einkaufszentrum (KOMM), Kleider Frei, der neue Wilhelmsplatz, die Investitionen Privater in Wohnungen und Geschäfte in der Innenstadt, ein neues, fast vom Land finanziertes Stadion am Bieberer Berg., hoffentlich auch bald die Erschließung des Hafen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bin der festen Überzeugung: Wir haben alle Chancen. Da entwickelt sich was. Das wächst was. Da entsteht was, auf das wir alle gemeinsam stolz sein können.