Haushaltsrede Oliver Stirböck am 28.02.2019

04.03.2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den 28 Jahren der so genannten „Haushaltssanierung“ hat die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung 23 defizitäre Haushalte beschlossen.

Seit ich hier Haushaltsreden halte, seit 2001, ist diese Passage in jeweils aktualisierter Form Element meiner Beiträge:

In den Zeiten der Opposition wollte ich damit darlegen, dass die finanzielle Situation der Stadt lange nicht so gut ist wie die jeweilige Mehrheit behauptete. Es gab dabei ja Zeiten eines Kämmerers, bei denen draußen der sachwidrige Eindruck vorherrschte als sei Offenbach quasi schuldenfrei. Der verstorbene Ferdi Walther sprach damals von „des Kaisers neuen Kleidern“.
In den deutlich kürzeren Zeiten, in denen wir regierten, wollte ich darlegen, dass es keine Spielräume für überzogene Ausgabephantasien gibt, wir nicht über den Berg sind.
Heute in meiner letzten Haushaltsrede in diesem Hause beschließt diese Stadtverordnetenversammlung erst den 6. ausgeglichenen Haushalt seit 1989. Wie wir alle wissen, ist dies kein Grund zu feiern: der Haushaltsausgleich ist mit einer Erhöhung der Grundsteuer teuer erkauft und von der Kommunalaufsicht erzwungen.

Lassen Sie mich zu Beginn drei Punkte festhalten, worin wir uns – wie ich glaube – alle hier im Hause bei allen Unterschieden in der Bewertung der Situation einig sind:

1. Es ist heute eine bittere Stunde für die Offenbacher Bürger, es ist eine bittere Stunde für Offenbach.
2. Niemand beschließt gerne diese Grundsteuererhöhung. Wenn man eine Grundsteuererhöhung nicht machen müsste, würde man sie nicht machen. Denn es ist eine schwere ökonomische Belastung für unsere Einwohner und es ist eine schwere politische Belastung für die politische Mehrheit.
3. Wir alle suchen nach Wegen, diese möglichst gering zu halten und wieder rückgängig zu machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Opposition!

Ich möchte noch vorausschicken: Wenn ich mich in die Rolle einer Oppositionspartei hereinversetze, verstehe ich ausdrücklich, dass Sie Kritik an der späten Kommunikation mit dem Regierungspräsidenten üben. Und auch Ihrer unterschwellig geäußerten Vermutung, der Zeitpunkt habe etwas mit den Landtagswahlen zu tun gehabt, ist nur schwer zu entgegnen. Und lieber Roland Walter, schauen wir uns mal tief in die Augen. Wäre Roland Walter Oppositionsführer, ich glaube nicht, dass die Kritik einen geringeren Schärfegrad hätte.

Aber liebe Genossinnen und Genossen,

die SPD hat von 70 Nachkriegsjahren 62 Jahre regiert, mal besser, mal schlechter. Sicher, von einer Erblast sozialdemokratischer Politik zu reden, wäre angesichts des dramatischen Schmelzens des industriellen Kerns unhistorisch. Aber andererseits ist es auch nicht so, dass sie der neuen Mehrheit ein bestelltes Haus hinterlassen hätten.

Zum Beginn ihrer letzten Regierungsperiode 2011 hatte Offenbach 707 Millionen Euro Schulden – zum Ende Ihrer Zeit haben wir die Milliarde erreicht und dabei wurde Offenbach noch mit 211 Millionen entschuldet. Egal wie Sie sich das schönrechnen und wie Sie es schönreden. Ich will gar nicht von alten Zeiten reden, aber auch in der letzten Legislaturperiode ist Offenbacher ärmer geworden.

Vor diesem Hintergrund erwarte ich nicht, dass Sie dieser Mehrheit empathisch Beifall klatschen, aber etwas mehr Demut wäre angesichts ihrer Mitverantwortung schon angemessen.

Die Frage ist, inwieweit gibt es Alternativen zur Grundsteuererhöhung. Oder anderes gefragt, wäre es wirklich anders, wenn statt dieser Koalition etwa die SPD regierte?

Die SPD stellt im Wesentlichen 3 Behauptungen auf.

Behauptung 1: Bei einer früheren Information des Regierungspräsidiums, hätte sich ein Ausweg finden lassen. Diese Behauptung ist völlig belegbefreit. Das Regierungspräsidium hat deutlich gemacht, dass Hessenkasse und Schutzschirm keinen Spielraum für Verhandlungen lassen. Wer, wann mit wem wie gesprochen hat ist völlig unerheblich. Ihre Behauptung unterstellt den Rechtsbruch durch das RP. Frühere Kommunikation ändert keine Zahlen.
Behauptung 2: die Stadt hätte nur gegen den kommunalen Finanzhaushalt klagen müssen. Fakt ist: der neue kommunale Finanzausgleich war schlecht für Frankfurt. Deshalb hat Frankfurt auch geklagt. Offenbach ist Gewinner des KFA. Ein geführter Prozess ist keinesfalls ein gewonnener Prozess. Eine Klage bringt kein Geld. Nur eine gewonnene Klage. Ich lasse Ihnen Ihre Meinung, dass man die Klage hätte machen sollen. Aber wenn der OB sagt für die „vertane Chance müssen Sie als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler heute teuer bezahlen“, ist das perfide, weil Sie das Eintreten einer Minimalwahrscheinlichkeit als Grund für Ihre scharfe Kritik gegen den heutigen Schritt einer Grundsteuererhöhung erheben.
Behauptung 3: mit diversen Vorschlägen der SPD ließe sich diese Grundsteuererhöhung verhindern. Ganz einfach hat es sich die SPD auf Facebook gemacht. Wenn man gegen eine Grundsteuererhöhung ist, soll man einfach auf eine Kachel klicken. Aber kaum einer ihrer Vorschläge trägt auch nur irgendwas. Schon der Vorschlag der Hybridschulen hat sich als Luftnummer entpuppt, den an Stellen an denen es geht – wie einigen KITAs – wird es schon gemacht und an den geplanten neunen Schulstandorten ist es vollkommen unrealistisch bzw. wurde mit untersucht. Beim Vorschlag der Stelleneinsparung wurde nur von einer Verschiebung ausgegangen – die Einsparung wurde aber für alle Folgejahre angenommen. Beim von Ihnen angesprochenen Umweltamt haben sich seit 2013 die gesetzlichen Aufgaben deutlich erhöht. Daneben werden von Ihnen pauschale Einsparungen von 1,5, Mio  € angenommen ohne aufzuzeigen, wo und wie dies geschehen soll. Übrigens ohne neue Stellen im Baubereich braucht man auch die Investitionen nicht, weil sie niemand verbauen kann. Bei wiederum anderen Vorschlägen wird die steuerrechtliche Problematik – das Problem der verdeckten Gewinnausschüttung –  nicht weiter betrachtet.

Letztlich führen auch alle Vorschläge der SPD zusammengenommen nicht dazu, dass die Vorgabe des § 3 Abs. 3 GemHVO erfüllt wäre (Zahlungsmittelüberschuss muss Tilgung Kredite decken) und ebenfalls würde § 92 Abs. 5 HGO nicht erfüllt wonach der Finanzhaushalt in Planung ausgeglichen sein muss. Ihre Vorschläge folgen nach dem Prinzip, jeden Tag eine Nebelkerze, weil die vom Vortag schon wieder in Rauch aufgegangen ist. Politisches Pyro. Mit dem Ziel, dass möglichst viel hängen bleibt an denen, die Entscheidung treffen müssen. Wegen kleiner politischer Feldvorteile, wie das OB Schneider genannt hätte, zündeln sie gefährlich mit den Erwartungen der Menschen. Später hat die SPD selbst zugegeben, dass auch sie eine Steuererhöhung für notwendig hält, wenn auch nicht auf 995, also plus 395, sondern auf 895, also plus 295. Die SPD will also 75 Prozent der Erhöhung mitmachen. Die Koalitionäre sind also nicht ganz so schlimme Finger wie sie erst versucht haben, darzustellen. Halten wir also fest. Auch die SPD will die Grundsteuer erhöhen.

Damit haben wir einen vierten Punkt, in dem sich zumindest Koalition und SPD einig sind, es braucht eine sehr deutliche Grundsteuererhöhung. Offenbach ist da nicht die einzige Kommune: Auch andere Kommunen sind in dieser Situation und daher gezwungen Grundsteuer in ähnlicher Höhe zu erheben. So ist z.B. die Stadt Rüsselsheim schon seit einiger Zeit bei einem Hebesatz von 800 Punkten mit ebenfalls steigender Tendenz.

Alle aktuellen Anstrengungen lösen nicht das kurzfristige Problem der Offenbacher Stadtfinanzen. Auch nachdem die Koalition etliche Maßnahmen aus dem Haushalt gestrichen hat, Investitionen ver­schoben hat und auch auf einige eigentlich notwendige Stellen verzichtet hat, bleibt ein zweistelliges Defizit, das ausgeglichen werden muss.

Politik, sagen manche, ist niemals alternativlos. Die Alternative zur heutigen Grundsteuererhöhung ist gewissermaßen der „No Deal“, das Chaos: der Verzicht auf den Haushaltsausgleich und damit auf die Haushaltsgenehmigung, Chaos, keine notwendigen Investitionen in Schulen und Kitas. Ich halte das für verantwortungsethisch nicht zu rechtfertigen.

Vor dem Hintergrund dieser in der Tat dramatischen Situation braucht es eine klare Kommunikation der Politik, die den Menschen die Situation ehrlich schildert.

Von einem Oberbürgermeister von Format, erwarte ich, dass er ein einer solchen Situation politische Führung übernimmt und den „Erklärbär“ macht.

Was macht stattdessen der Offenbacher Oberbürgermeister? Auf die Frage einer Zeitung, was er zu SPD-Ideen eines Bürgerentscheides zur Grundsteuererhöhung sagt, antwortete er: „Das ist das gute Recht der SPD“. Das wurde dann von dieser Zeitung als „Distanzierung“ gewertet. Da habe ich andere Vorstellung von Aufklärung. Ja, ich hätte dem Oberbürgermeister durchaus zugestanden, dass er Kämmerer und Koalition ob der Kommunikation mit dem RP rügt.
Auch, dass er vielleicht etwas süffisant sagt, dass Regieren offenbar nicht so einfach ist, wie eine Haushaltsrede in der Opposition.
Ich hätte aber von einem Oberbürgermeister von Format erwartet, dass er etwa zum Bürgerentscheid sagt, dass das nicht nur rechtlich nicht geht, sondern der Verzicht auf die Erhöhung auch mathematisch nicht geht.

Statt die Situation zu erklären, war er Teil, wenn nicht sogar Kopf der Verunsicherungskampagne der SPD.  Das zeigt vor allem die sehr selbstgerechte Position zur Petition. Das will ich an zwei Punkten deutlich machen:

Felix Schwenke: „In den vergangenen drei Jahren wurde von der neuen Koalition manchmal der Eindruck erweckt, Geld würde in Offenbach plötzlich keine Rolle mehr spielen.“ Richtig ist, wenn immer diese Koalition unangenehme Entscheidungen treffen musste, etwa die Schulsanierungen in Teilprojekte aufzuteilen und damit auch nach hinten zu verschieben, waren es die Sozialdemokraten, die mehr Geld gefordert haben. Letztens mehr Geld für sozialen Wohnungsbau gefordert.
Felix Schwenke: „Zwischen den hauptamtlichen Dezernenten darf es keinen Wettbewerb darum geben, wer welche Gruppe mit mehr Geld erfreut, sondern wer seinen Verwaltungsteil am effizientesten reformiert und damit Geld spart.“ Die Wahrheit ist: der Oberbürgermeister selbst kommt ständig mit üppigen Forderungen im Sportbereich, auch bei den Stellen und er hat fast immer die teuerste Lösung parat. Im Verwaltungshandeln ist er als Sparkommissar nicht aufgefallen. Es bleibt eine substanzbefreite Behauptung, wenn er jetzt sagt man hätte bei frühzeitigem Handeln besser gegensteuern und somit die Steuerhöhe mindern können. Er hatte unzählige Gelegenheit seinen Magistratskollegen oder der Koalition zu sagen wo und wie.

Ich sage es jetzt frei nach Birgit Simon: „Wenn der OB alles besser kann, warum macht er es dann nicht selbst?“ Stattdessen schweigt er in Runden, wo er seine Ideen diskutieren könnte und gibt lieber den Grüß-Gott-August als Sport- und Kulturdezernent. Und füttert hinten rum Partei und Medien mit langen Texten. Das ist zu wenig für einen Oberbürgermeister von Format.

Aber ich will auch betonen, wo wir uns – wie ich meine – mit den Sozialdemokraten einig sind:

Wir brauchen von Land und Bund eine bessere Finanzausstattung. Wir werden uns in den kommenden Jahren massiv weiter dafür einsetzen, dass Offenbach die gesetzlichen Ausgaben (vor allem im sozialen Bereich) ersetzt – hierzu sollte im Rahmen der Evaluation des Kommunalen Finanzausgleichs durch das Land Hessen Gelegenheit sein. Das Land hat hier noch an manchen Stellen Luft nach oben. Auch der Koalitionsvertrag in Hessen ist nicht das Ende liberaler Phantasie, so werden nur Sanierungen von Schulen gefördert, aber nicht die bei uns dringend benötigten Neubauten.
Die Stadt darf sich nicht an höhere Grundsteuereinnahme gewöhnen. Wir dürfen uns nicht mit einem Grundsteuerhebesatz auf dem Niveau von 995 Punkten abfinden. In unserem Haushaltsbegleitantrag beschließen wir daher eine regelmäßige Überprüfung der finanziellen Spielräume. Sollten sich aufgrund geringerer Belastungen bei der Erfüllung der Pflichtaufgaben der Stadt oder höherer Einnahmen Möglichkeiten ergeben, muss die Grundsteuer wieder gesenkt werden. Wir brauchen diesen Senkungsmechanismus des Haushaltsbegleitantrags.
Ich freue mich, dass jetzt der FDP-Vorschlag, ein gemeinsames Zeichen zu setzen, nach einigen Irrungen und Wirrungen sich zumindest partiell in einem gemeinsamen Abstimmungsverhalten zum Haushaltsbegleitantrag wiederfinden wird.

Ich glaube übrigens, dass eine Senkung perspektivisch nicht unrealistisch ist. Wir Freien Demokraten glauben an Offenbach. Wir leben in einer der Wohlstands- und Wachstumsregionen dieser Welt, im Herzen Europas, an einem Mobilitätsknotenpunkt der Republik. Auch immer mehr Menschen außerhalb der Stadt sehen diese Entwicklung. Die FAZ titelte in einer Ausgabe des Feuilletons, das sich nur mit Offenbach beschäftigte. „Hässlichkeit ist nicht einmal die halbe Wahrheit“ und schrieb eine „Ehrenrettung für eine tolerante, entspannte, fortschrittsverliebte Stadt, die zum Vorbild für Deutschland werden könnte.“

Ja, diese Stadt hat sicherlich auch falsche Entscheidungen getroffen. Aber auch der FAZ-Artikel zeigt: wir haben, oft gemeinsam, auch vieles richtig gemacht. Manche Entscheidungen wirken erst 20-, 30-Jahre später. Der S-Bahn-Bau hat die Metropolen Frankfurt und Offenbach enger zusammengebracht. Mit dem Kaiserleiumbau haben wir ein gewaltiges Potenzial. Der „Filetstückcharakter“ dieses Gebietes spricht sich immer mehr rum. Mit dem Offenbacher Hafen haben wir ein Gebiet mit Leuchtturmcharakter, das dazu geführt hat, dass die Menschen von außerhalb plötzlich eine ganze Stadt mit ganz anderen Augen sehen. Deshalb sind wir auch gefordert, jetzt die richtigen Weichen zu stellen für eine Entwicklung, die vielleicht erst in 20 Jahren sichtbar wird.

5 Weichenstellungen für unsere Stadt möchte ich kurz skizzieren:

1. Werden wir zur Arrival City auch für Unternehmen. Arbeiten wir gemeinsam an einem Wachstumsplan für diese Stadt. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag formuliert: „Die Probleme Offenbachs sind nicht durch Einsparungen alleine zu lösen, nur mit qualitativem Wachstum kann Offenbach gesunden.“ Das nimmt bewusst auf, was Oberbürgermeister Horst Schneider weitsichtig in sein erstes Haushaltsicherungskonzept als Kämmerer 2006 schrieb: „Sparen allein reicht nicht aus. Offenbach muss aus der Krise herauswachsen.“ Und deshalb müssen wir – bei knappen Mitteln – Maßnahmen vorziehen, die perspektivisch das Potenzial haben, Wachstum zu erzeugen und Mehreinnahmen zu generieren. Ich bin sehr froh darüber, dass bei Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing es eine gute Zusammenarbeit zwischen SPD-Oberbürgermeister und Koalition gibt. Und ich füge hinzu: als Wirtschaftsförderungsdezernent macht Felix Schwenke einen exzellenten Job.

2. Lösen wir die wohnungsbaupolitischen Bremsen. Haben wir keine Angst vor dem Wachstum unserer Stadt. Ja, wir erleben jetzt gerade, dass Wachstum erst einmal Geld kostet und benötigen dort – wie andere Städte auch – eine stärkere Unterstützung des Landes. Aber für eine Stadt wie Offenbach ist qualitatives Wachstum eine Chance. Und deshalb müssen wir dem „Social Freezing“ entgegentreten, wie dies Matthias Alexander in der FAZ nennt, eine Haltung, die der romantischen Vorstellung anhängt, dass es genug sei mit dem Wachstum. Sie wollen den Ist-Zustand quasi einfrieren. Ich zitiere „Besonders verbreitet ist diese Einstellung unter jenen, denen es gut geht; unter ihnen ist die Sorge um den Verlust des als angenehm empfundenen Lebens durch Zuzug am größten. Besonders anschaulich ist das in den gründerzeitlichen Vierteln der Großstädte zu beobachten. Dort sichert sich die Mittelschicht ihre Pfründe. Ihr gelingt dabei das Kunststück, den Eigennutz als soziale oder ökologische Tat zu etikettierten: sei es die Mietpreisbremse, das Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen oder Proteste gegen jedes größere Neubauvorhaben.“ Thorsten Schäfer Gümbel nennt diese Haltung in anderem Kontext „grünen Wohlstandspopulismus“. Das gilt natürlich nicht für die Offenbacher Grünen. Ich bin der festen Überzeugung: wenn wir Offenbach in seiner Substanz voranbringen wollen, dann geht dies nur über eine Nachverdichtung des Bestandes, wenn wir zu einer gesünderen Bevölkerungsbalance kommen wollen.  Deshalb hat die neue Koalition Baurecht für die Bürgel Nord-West, Bürgel Süd und das im Regionalen Flächennutzungsplan dargestellte Gebiet Bieber-Waldhof II in die Wege geleitet. Ursula Richter hat von Grenzen des Wachstums gesprochen. Das stimmt. Ich finde aber vor Peter Schneiders Haus wäre schon noch etwas Platz.

3. Es braucht vor allem auch einer höheren Aufenthaltsqualität in der City. Um das Umfeld zu verbessern, brauchen wir eine stärkere Förderung von Fassaden- und Altbausanierungen in der Innenstadt. Hier sind wir mit dem Oberbürgermeister und der IHK auf einem guten Weg, ein Einzelhandelskonzept zu entwickeln, das den Eventcharakter der Innenstadt stärkt.

4. Wir brauchen eine Förderung von Mobilität. Wir brauchen mehr Förderung von moderner Mobilität: dazu gehört ausdrücklich das Carsharing und neue Antriebsformen. Aber auch ein besserer ÖPNV: wir brauchen eine andere Preisstruktur beim Öffentlichen Nahverkehr, eine Verbesserung der S-Bahn-Infrastruktur (Südtangente), aber auch besseres Bus- und Straßen-Bahn-Verbindungen zwischen den Städten. Ich bleibe dabei, die Linie 16 an der „Landesgrenze“ zu beenden, war ein Schildbürgerstreich, der bis heute den Offenbacher Einzelhandel schmerzt und regional desintegrierend gewirkt hat. Zukunftsorientierte Politik sieht anders aus. Wir müssen mit der Stadt Frankfurt und dem Rhein-Main-Verkehrsverbund die Gespräche wieder intensivieren, wie wir die Verbindung wieder verbessern. Damit die Region nicht nur wächst, sondern zusammenwächst.

5. Die Regionalgedanken stärken. Es heißt, Frankfurt, die Stadt mit 700.000 Einwohnern, mit der Größe eines New Yorker Stadtteils, sei Weltstadt. Aber wenn das so ist, dann ist Frankfurt das im Wettbewerb mit den großen Metropolen dieser Welt, nicht alleine, sondern dann ist Frankfurt das nur gemeinsam mit der Region. Während seit vielen Jahren eine Landflucht einsetzt, wird ganz Deutschland zur Stadt. Wir brauchen eine Neukonfiguration der regionalen Zusammenarbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vor einigen Jahren, die Freien Demokraten waren noch in der Opposition, hat Jürgen Lassig von der FW gesagt, das hätte ich doch schon im letzten Jahr so ähnlich gesagt. Ich habe ihm dann geantwortet: „Das stimmt: schlimmer wäre es doch, wenn ich im Vorjahr das Gegenteil gesagt hätte!

Und ich habe – ob in Koalition oder Opposition immer eine Melodie gesungen, von einer Stadt die – wie Ursula Richter es sagt – alle Chancen und Möglichkeiten hat.

Ja, wir haben alle Chancen: der Hafen entwickelt sich, der Wohnungs-Boom kommt in Offenbach an, Offenbach ist auch auf dem Markt für Gewerbeimmobilien angekommen. Wir können aus der Talsohle herauskommen und aus der Krise herauswachsen.

Wir haben gemeinsam erkannt, Städte mit besonderen Herausforderungen brauchen die besten Schulen. Wir bringen gemeinsam die Wirtschaftsförderung voran. Schaffen gemeinsam, qualitativ hochwertiges Wohnen, wir arbeiten an der Zukunft des Einzelhandelsstandortes und ja, wir müssen auch gemeinsam die Region fit machen.

Mir war immer auch wichtig, in der Opposition nicht etwas komplett anderes zu erzählen als dann später in der Regierung. Das Ergebnis einer Oppositionsrolle, die das Konstruktive betonte, waren 9,5 Prozent bei den Kommunalwahlen, für uns ein großes Ergebnis. Ich glaube daher, dass Opposition gut beraten ist, in Tonfall und der von ihr erweckten Erwartungshaltung maßvoll zu bleiben. Mir hat bei allen Unterschieden die Art und Weise der Debattenkultur der Linken in den letzten Wochen sehr gut gefallen. Aber jeder ist seines Glückes Schmied. Oftmals denkt Politik zu kurzfristig, nicht an nächste Generationen, sondern an die nächsten Wahlen. Auch hier glaube ich, dass das der Wähler nicht honoriert wird.

Ich habe in den letzten 18 in Jahren in meinen Haushaltsreden versucht, eine politische Strategie für unsere Stadt darzustellen. Ich glaube, Politik leidet häufig daran, dass sie nicht erklärt, für was die vielen Spiegelstriche, über die wir diskutieren gut sind. Der Erfolg hatte Grenzen. Ich will keine Medienkritik üben. Im Gegenteil mit unserer vielfältigen Medienlandschaft können wir uns in Offenbach glücklich schätzen. Aber trotzdem kommen – wie wir wissen – von dem was wir hier treiben, nur Wortfetzen rüber. Manchmal ist das vielleicht auch gut, man hat ja nicht nur Sternstunden. Insgesamt glaube ich aber, dass die oft verlegerisch gewünschte Tendenz zur Kürze, nicht die Krise der Zeitungen lösen wird. Aber vielleicht sollte man das auch alles nicht immer so wichtig nehmen. Denn nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt.

Ich bin der festen Überzeugung, Offenbach wird nicht im karnevalesken Klein-Klein der Kirchturmpolitik, auch nicht mit kleinteiligen, parteipolitischem Fingerhakeln zwischen einer Mehrheit und einem OB gelingen. Die letzten Wochen waren da keine Hilfe. Auch daran, das zu verbessern, müssen wir weiterarbeiten.

Denn letztlich schaffen wir es nur, wenn wir mit einer großen Kraftanstrengung gemeinsam die richtigen Weichen stellen, für die Bürger unserer Stadt, für eine Stadt deren Zeit gekommen ist.

In diesem Sinne auch in einer schweren Stunde für die Stadt! Glückauf Offenbach!