Klinikdesaster: Fortgesetzte Verdrängung der Realitäten gefährdet Handlungsfähigkeit und Selbständigkeit der Stadt
Nach Auffassung der Offenbacher FDP-Fraktion werden in der politischen Diskussion die Vorteile und Nachteile unterschiedlicher Betriebsmodelle „interessensgeleitet oder aus Opportunität“ dargestellt. Deshalb sei es richtig gewesen, dass Stadtkämmerer Michael Beseler schon im Frühsommer letzten Jahres, ein Verfahren in die Wege leiten wollte, auf die Offenbacher Situation passende Modelle in einem Wettbewerb zu erkunden. Denn in dieser schweren Lage von Stadt und Klinikum geht es nicht um ein Wunschkonzert“, meint FDP-Fraktionsvorsitzender Oliver Stirböck. Leider habe die Koalition aus SPD/Grünen und Freien Wählern damals Beseler „hängen gelassen“. So habe die Stadt wieder über ein halbes Jahr verloren. Daher sei das jetzige Markterkundungsverfahren eine Chance, Versäumtes nachzuholen.
Bisher hätten weder Politik noch neue Klinikleitung einen gangbaren Weg gewiesen, wie auch nach den optimistischen Prognosen der Klinikleitung geschätzte 160 Millionen Euro zwischen 2010 und 2015 bzw. jährlich rund 17 Millionen Euro ab 2015 aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden können. Die bettelarme Stadt Offenbach könne es sich jedenfalls ganz sicher nicht leisten, das Klinikum dauerhaft mit Millionenbeträgen zu subventionieren. „Daher ist es völlig unrealistisch, wenn Koalition und Klinikleitung die öffentlich-rechtliche Trägerschaft wie eine Monstranz vor sich hertragen“, so Stirböck. „Die Verdrängung der Realitäten“ gefährde nicht nur die Zukunft des Klinikums, sondern schränke angesichts der horrenden Verlustausgleiche die Handlungsfähigkeit der Stadt in allen anderen Bereichen weiter ein. Eine „Politik des Augen zu und durch“ begrenze etwa die Möglichkeit, die kommunalen Investitionen in Stadtgestaltung sowie freiwillige Leistungen Stadt etwa bei Kultur und Sport auf dem ohnehin sehr bescheidenen Niveau fortzusetzen. „Letztlich steht die Handlungsfähigkeit und damit die faktische Selbstständigkeit der Stadt auf dem Spiel“, warnt Stirböck.
Unredlich sei es, den „schwarzen Peter der Kommunalaufsicht zuschieben zu wollen“. Das Diktat der Kommunalaufsicht, ein solches Erkundungsverfahren durchzuführen, sei die Quittung für die politische Führungslosigkeit und Handlungsunfähigkeit der Koalition in der Klinikpolitik, nachdem die „Euphorieblase der alten Klinikleitung für alle sichtbar geplatzt ist“, so Stirböck.
Zudem habe der Regierungspräsident das Klinikdesaster nicht zu verantworten, sondern letztlich die gesamte Kommunalpolitik. „Denn die einen haben den schöngefärbten Zahlen der alten Klinikleitung zu lange vertraut und die anderen hatten nicht die Kraft, Gehör für ihre Bedenken zu finden“, so Stirböck. Die Kommune habe dabei nun wirklich nicht bewiesen, der bessere Klinikbetreiber zu sein. Das ständige Aufschieben erforderlicher Entscheidungen berühre auch das Klinikum als Vollversorger in seiner Substanz und sei damit für die Beschäftigten der gefährlichere Weg.