„Lärmpausenmodelle“ für Offenbach ungeeignet

Der Offenbacher FDP-Vorsitzende und ehemalige Flughafendezernent Paul-Gerhard Weiß bewertet die jetzt zur Erprobung vorgesehene Variante 4 der sogenannten „Lärmpausenmodelle“ wesentlich kritischer als der Magistrat in seiner ersten Stellungnahme. „Es stimmt, dass die Variante 4 – im Unterschied zu anderen –  überhaupt einen Effekt hat, falls sie in der Praxis funktioniert. Dieser ist für Offenbach aber sehr problematisch“. So bekämen die nördlichen Stadtteile zwischen 22 und 23 Uhr bei Landebetrieb zwar eine Pause, aber um den Preis einer „kompensationslosen Mehrbelastung des Offenbacher Südens“, wo der Verkehr gebündelt werde. „Es ist leider nicht so, dass der Offenbacher Süden dafür zu einer anderen Zeit eine Pause bekommt. Für ihn und naheliegende Stadtteile sieht keine einzige Variante eine verlängerte Nachtruhe vor. Auch morgens von 5 bis 6 Uhr kommen dort künftig gerade die schweren Maschinen in großer  Zahl herein“.

Morgens zwischen 5 und 6 Uhr werde wie bisher in Nord und Süd gelandet. Im Süden solle in dieser Zeit nicht die Südbahn, sondern die „Centerbahn“ belegt werden. Diese zweite südliche Parallelbahn sei vor dem Flughafenausbau regulär zum Landen genutzt worden und liege so dicht bei der Südbahn, dass die Flieger diese früher abwechselnd zur Südbahn und mit zeitlichem Abstand nutzten. Weiß stellt klar: „Durch die Belegung dieser Bahn entsteht auch in Bieber, Tempelsee und Rosenhöhe keine Lärmpause. Dafür liegen diese beiden Bahnen viel zu dicht nebeneinander. Das sind beides südliche Bahnen und alle südlichen Stadtteile erfahren durch Verkehr auf einer dieser Bahnen hohe Dezibelwerte. Wer dort lebt, weiß das auch.“

Die Lärmwerte würden durch die Nutzung der Centerbahn an einigen Stellen wohl ein paar Dezibel niedriger, an anderen dafür aber höher ausfallen: „Lauter wird es morgens zwischen 5 und 6 Uhr beispielsweise in den Wohngebieten Buchhügel, Lauterborn und Buchrain, Waldpark, Lichtenplatte und Musikerviertel.“

Weiß, der selbst „parzellenscharf“ unter der Anfluggrundlinie der Nordwestbahn wohnt und sich über die – vielleicht – eintretende Abendpause eigentlich freuen könnte, hält das Abzählen von Betroffenen innerhalb der Stadt als alleiniges Kriterium für ungeeignet. „Man muss auch die Belastungsintensität berücksichtigen. Die Lärmwerte sind im Süden höher, weil der Anflug dort niedriger ist. Nun einfach weiteren Verkehr von Nord nach Süd zu verlagern, ohne dass der Süden dafür einen Ausgleich erhält, ist der falsche Weg.“ Letztlich seien die vorgelegten „Lärmpausenmodelle“ alle ungeeignet. „Eine Verlängerung der Nachtruhe durch Lärmpause wird für die meisten Betroffenen in der Region gar nicht erreicht. Wo sie erreicht wird, geht es zu Lasten anderer Hochbelasteter. So auch in Offenbach. Das kann nicht Sinn der Sache sein“.

Der Offenbacher FDP-Vorsitzende fordert von den Verantwortlichen, sich jetzt wieder anderen wichtigen Themen des aktiven Lärmschutzes zuzuwenden. Seit Monaten beschäftige sich die Region beim Thema Fluglärm nur noch mit diesen Modellen, „die kaum jemandem weiterhelfen“. So sei es – auch zur Realisierung von Lärmpausen – wichtig, die technischen Voraussetzungen für einen verkürzten Endanflug zu verbessern, damit die Maschinen nicht zwangsläufig einen sehr langen Geradeausflug absolvieren müssten. So könnten bestimmte Siedlungsgebiete – zumindest phasenweise – auch gezielt umflogen werden. Auch müsse weiter am Thema Überflughöhen gearbeitet werden. Die in den Regelbetrieb übergegangene, problemlose Steigerung des Anflugwinkels von 3 auf 3,2 Grad im Norden dürfe nur als Zwischenstation für weitere Anhebungen in Nord und Süd gesehen werden, die sehr wohl möglich seien.