Oliver Stirböck MdL zur europäischen Urheberrechtsreform

08.04.2019

In der Aktuellen Stunde des vergangenen Donnerstags, stellte die Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag einen Antrag über die im EU-Parlament beschlossene Urheberrechtsreform. Oliver Stirböck, Sprecher für Digitalisierung, brachte den Antrag ein:

„Am Samstag, dem 23. März, haben europaweit mehrere 100.000 Menschen gegen die Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt demonstriert. Trotzdem wurde sie vergangene Woche beschlossen. Manche haben gesagt, dies sei eine ArtClash der Generationen. Es ist aber anders. Die Autoren der Gesetze haben das Internet nicht verstanden. Durchgesetzt hat sich nicht die ältere Generation. Durchgesetzt haben sich die „Internetausdrucker“.

Besonders in der Kritik stehen die Regelungen, die unter Art. 11 und Art. 13 bekannt wurden, der Leistungsschutz für Presseverlage und die Nutzung geschützter Inhalte durch Diensteanbieter für das Teilen von Onlineinhalten. Wir Freie Demokraten achten das Urheberrecht, das Recht der Kreativen, der Künstler, der Autoren, der Maler, der Fotografen am eigenen Werk. Das muss auch in Zukunft Bestand haben und geschützt bleiben. Das Ob ist unstrittig. Strittig ist nur das Wie. Art. 13 der Ursprungsfassung, jetzt Art. 17 Nr. 4c, verpflichtet die Diensteanbieter, das künftige Hochladen dieser Werke oder sonstiger Schutzgegenstände zu verhindern. Das kann kein Mensch. Ohne Upload-Filter funktioniert diese Richtlinie nicht. Statt Menschen entscheiden Algorithmen. Diese können aber nicht erkennen, wer der Rechteinhaber ist, ob es sich um ein Zitat, ob es sich um Satire, ob es sich um Parodien handelt. Upload-Filter blockieren nicht nur Urheberrechtsverletzungen. Sie verhindern unter Umständen auch die rechtlich zulässige Meinungsäußerung im Internet. Es besteht die dringende Gefahr einer automatisierten Zensur aufgrund staatlicher Vorgaben.

Schon jetzt nutzen Onlineanbieter Filter. Im Wahlkampf habe ich bei Facebook mein eigenes Plakat hochgeladen. Es hieß: Bembel und Blockchain. – Facebook ließ dies nicht zu, weil das Netzwerk aufgrund zahlreichen Betrugs mit Blockchain und Bitcoin jegliche Nutzung des Wortes „Blockchain“ blockte. Auch eine individuelle Überprüfung brachte nichts. Das Wahlergebnis war trotzdem gut.

Aber ein Gesetz, das den Einsatz solcher Zensurtechnologie auch noch flächendeckend befördert und befeuert, kann nicht die Zustimmung der Freien Demokraten finden, zumal diese Zensurtechnologie nicht nur zum Schutz des Urheberrechts eingesetzt werden kann, sondern auch für gezielte Meinungskontrolle und Überwachung. Schauen wir etwa nach Ungarn, sollte uns das nachdenklich stimmen. Außerdem bedroht die Richtlinie schon nach kurzer Zeit Start-ups, die nicht in der Lage sind, solche Upload-Filter selbst zu programmieren. Daher werden die Kleinen die Angebote der Großen in Anspruch nehmen müssen. Das zementiert deren Marktmacht.Wir hingegen setzen uns ein für einen Urheberrechtsschutz, der das freie Internet erhält, etwa mit der Beibehaltung des Notice-and-take-down-Verfahrens oder mit einer technischen Lösung, die die Blockchain-Technologie einsetzt. Vereinfacht ausgedrückt, wird dabei jedes Werk individuell gekennzeichnet. Jede Nutzung ist dokumentiert. Somit wird klar, wie das Werk verwertet wurde. Daran könnte eine Vergütung geknüpft werden. Das wäre ein echter Mehrwert für die Kreativen. Das wäre ein echter Mehrwert für die Künstler.

Unser dringlicher Entschließungsantrag geht auf einen gemeinsamen Antrag von Jamaika in Schleswig-Holstein zurück. Auch die AfD hat sich ziemlich ohne Filter an diesem bedient. Der SPD-Antrag stellt unter Punkt 4 so ein bisschen die Weißwaschung des Schlingerkurses der Sozialdemokratie auf übergeordneter Ebene dar und überzeugt uns daher nicht.

Ein klares Votum des Parlaments wäre am besten mit unserem Antrag möglich. Das würde auch noch mit dem Antrag von Schwarz-Grün gehen. Deswegen werden wir diesen beiden Anträgen zustimmen. Das wäre ein Signal an das Europaparlament, in der nächsten Legislaturperiode dieses Thema noch einmal anzufassen – im Sinne eines freien Internets. – Herzlichen Dank!“