Wofür wir arbeiten! Grundlagen und Grundierungen liberalen Handelns in Offenbach
Bei seiner Rede auf dem Neujahrsempfang der Offenbacher Liberalen skizzierte FDP-Fraktionschef Oliver Stirböck Grundlagen und Grundierungen liberalen Handelns in Offenbach. Thema: Kreativstadt, Finanzkrise, Klinikum, Ampelkoalition, FDP-Dezernenten.
Rede des FDP-Fraktionsvorsitzenden Oliver Stirböck
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Liberalen haben es dieser Zeit schwer. Und zu oft haben es sich die Liberalen in Berlin in letzter Zeit selbst das Leben schwer gemacht, uns vor Ort haben sie es im Übrigen auch. Häufig werden wir jetzt daher von Bürgern gefragt, warum tut Ihr Euch das eigentlich an? Warum steckt Ihr so viel Arbeit in das liberale Projekt? Wofür arbeitet ihr eigentlich?
Hafen2
Und da ist dieser Ort, der Hafen2, ein gutes Beispiel. Denn dass wir hier heute bei Euch sind, das ist kein Zufall, das ist ein Statement. Wir setzen auf Kultur und Qualität. Wer weiß, welches Kleinod, welches ansehnliche Pflänzchen Kreativstadt ihr seid, welche Ausstrahlung in die Region ihr habt und was ihr damit auch für´s Stadtimage tut, der kann liebe Andrea, lieber Alex, lieber Daniel, nur sagen: wenn es Euer Angebot nicht gebe, müsste man Euch erfinden. Damit Menschen wir Ihr, Ihre Arbeit für Offenbach machen können. Dafür arbeiten wir!
Herr Amberger, Herr Wittmann und Herr Brautmann. Sie haben heute gemeinsam mit strategischem Weitblick wie künstlerischem Blick gezeigt, wie viel Kreativstadt in Offenbach steckt. Herzlichen Dank!
Kreativstadt
Wir Liberale glauben, dass die kreative Klasse Offenbach gut tut. Dafür braucht es auch die Initiative Einzelner. Etwa die des Webers Peter Hessler mit seinem Magazin „Respekt“ oder eben Initiativen des Künstlers Loimi Brautmann mit seinen gastronomischen Führungen durch Offenbach – vom polnischen Lebensmittelhändler bis zum Essen in der Mevlana Moschee. Politik kann einen solchen Prozess nur begleiten. Deshalb haben wir seinerzeit einen Projektetat von 150.000 Euro für die Wirtschaftsförderung; Herr Amberger, durchgesetzt, um die Kreativwirtschaft zu stärken als einer wichtigen Stellschraube für das Stadtimage. Denn ich glaube und das ist auch heute deutlich geworden: Offenbach ist eine grotesk unterschätzte Stadt. Offenbach ist viel besser als sein Ruf. Dafür, dass sich Offenbachs Image verbessert, auch dafür arbeiten wir.
Konzentration auf das Wesentliche
Wenn wir als Liberale hinterfragen, ob das bettelarme Offenbach wirklich einen Elektrobus braucht, der hauptsächlich an der Stromleitung hängt. Wenn wir hinterfragen, ob wirklich Hundertausende für Hinweisschilder für Fahrradwege ausgegeben werden sollen, dann tun wir das nicht, weil wir was gegen Elektromobilität haben oder gegen Fahrräder. Es geht vielmehr darum, dass wir uns gerade in Zeiten besonders knapper Kassen die Mittel konzentrieren müssen, worauf es ankommt.
Und worauf kommt es denn an? Da sehe zum Beispiel Frau Podborny von der Diakonie unter uns. Die Diakonie betreibt etwa in der Gerberstraße einen Kleiderladen. Er richtet sich vor allem an Wohnsitzlose. Ich habe dort übrigens gestern meinen alten, aber geliebten Anorak dann gerade angesichts der Kälte mit sehr gutem Gefühl abgegeben. Dann gibt es in der Gerberstraße etwa eine täglich von rund 50 Menschen genutzte Teestube, wo die Betroffenen und essen und sich waschen können.
Worauf kommt es noch an? Da ist heute zum Beispiel Frau Sticksel unter uns. Sie ist Vorstand eines Vereins namens „Frauen helfen Frauen“, dem Trägerverein des Offenbacher Frauenhauses. Bundesweit flüchten jährlich rund 45.000 Frauen oft mit Kindern, weil sie Opfer von dem werden, was sich so bürokratisch „häusliche Gewalt“ nennt, aber weil sie im Klartext nichts anderes sind als das Opfer prügelnder Männer.
Damit das arme Offenbach Angebote wie die „Teestube“ und „Frauen helfen Frauen“ weiter unterstützen kann, auch dafür sparen und arbeiten wir.
Ich weiß, dass der eine oder andere Journalist, weil wir vielleicht geerdeter wahrgenommen werden als mancher in seinem theoretischen Elefantenturm, uns als „sozialliberal“ bezeichnet. Wenn das sozialliberal ist, d wie wir ticken, dann sind wir halt sozialliberal. Für uns ist das liberal.
Existenzielle Finanzkrise für Klinikum und Stadt
Offenbach befindet sich in der schwersten finanziellen Krise seiner Geschichte. 160 Millionen Euro Zuschuss in 5 Jahren bis 2015 für das Klinikum. Auch nach 2015 eine dauerhafte jährliche Belastung für die Stadt von 17 Millionen Euro. Das ist mehr als die Summe der gesamten jährlichen Investitionen der Stadt jenseits der Schulbausanierung. Ich sage es mal so: Dass es dieses Defizit gibt und dass diese Belastung von fast der gesamten Kommunalpolitik bis vor kurzem nicht einmal im Ansatz erahnt wurde, ist nicht ein Beweis für die Überlegenheit des Klinikbetriebs in kommunaler Hand. Ohne, dass sich schon bald eine kommunale Klinikholding abzeichnet, ist zumindest eine Teilprivatisierung nach Wiesbadener Modell nicht zu vermeiden. Denn es kann keine Frage sein, diese Situation ist nicht nur für das Klinikum, sondern auch für die Selbstverwaltung der Stadt Offenbach existenziell bedrohlich. Dafür, dass sich Offenbach seine finanziellen Spielräume erhält, gerade auch für Bildung, auch dafür arbeiten wir.
Ich weiß, für manche der politischen Konkurrenten ist schon eine solche Frage nach einer Teilprivatisierung „neoliberal“. Wenn es neoliberal ist, dass man immer wieder die Frage stellt, was kann der Staat besser und was kann Privat besser und was kann uns soll sich eine Stadt wie Offenbach leisten, dann sind wir halt neoliberal. Für uns ist das einfach liberal.
5 Jahre Koalition
5 Jahre lang konnte die FDP in der Koalition mit SPD und Grünen mitgestalten. Jetzt sind die Grünen so stark gewachsen, dass sie den Anspruch auf einen zweiten Dezernatsposten, den des FDP-Dezernenten Paul-Gerhard Weiß erheben. Und wir daher Opposition. Ich möchte mich trotzdem stellvertretend bei Dir, lieber Felix Schwenke und auch genauso bei Dir, lieber Peter Schneider, für 5 Jahre konstruktive und zielorientierte Zusammenarbeit bedanken. Wir haben einiges gemeinsam vorangebracht.
Unser Dezernent
Lieber Paul-Gerhard! Du bist – um Lucy Gerhards von den Grünen aus der letzten Sitzung zu zitieren – „ein tüchtiger Dezernent“. Du bist die Personalisierung des Schwerpunkts Bildung, Du arbeitest engagiert für mehr Sauberkeit und Sicherheit und warst und bist ein kompetenter – von Freund und Feind hoch geschätzter – Stratege gegen Fluglärm. Es rufen bei uns Bürger an und äußern ihr Unverständnis darüber, dass Du das Amt nach Lage der Dinge nicht weiterführen kannst. Viele finden das sehr schade. Die FDP-Fraktion wird alles dafür tun, dass Du weiter für Offenbach wirken kannst, in welcher Rolle auch immer. Auch dafür arbeiten wir.
Auf ein gutes 2012
Den Liberalen und auch jenen, die wollen dass es auch in Zukunft eine starke liberale Stimme gibt, wünsche ich den Wiederaufstieg der Liberalen in 2012. Ihnen allen wir wünschen für 2012 Gesundheit, Liebe, Glück und Erfolg. Und natürlich einen guten Appetit! Das Büffet ist eröffnet.