Haushaltsrede: gemeinsam Weichen stellen
Von der Arrival City zur Booming City
In den Medien hat Offenbach in diesem Jahr als „Arrival City“ bundesweite Bedeutung erlangt, als Stadt, die die Ankommenden aufnimmt und eine erste Orientierung gibt. Positiv zeigt dies die Attraktivität, die Anziehungskraft der Stadt. Ich möchte diesen Zustand aber nicht romantisieren. Wenn wir mit offenen Augen durch die Stadt laufen, sehen wir alle, dass uns diese Funktion der Stadt Offenbach auch vor große Herausforderungen stellt. Viele der Menschen, die zu uns kommen, werden nicht sofort zum Steueraufkommen der Stadt beitragen können. Es sind viele bittere Schicksale dabei, bettelarme und ausgebeutete Menschen. Für diese Menschen ist Offenbach ein Versprechen und manchmal auch ein falsches Versprechen, für viele dieser Menschen ist Offenbach so etwas wie die gelobte Stadt. Wir können gar nicht anders: also machen wir was daraus.
Die Funktion als „Arrival City“ ist zweifelsohne auch eine haushaltspolitische Herausforderung. Arrival Citys haben besondere finanzielle Lasten zu tragen. Das zeigen auch die aktuellen Haushaltsdaten. Von Fundamentaldaten dieser Stadt befinden wir uns in einer Art großen Depression:
· Offenbach hat mit dem neuen Haushalt 2017 einen Schuldenstand von fast einer Milliarde Euro (976,2 Euro Ende 2016) erreicht.
· Im 28. Jahr der so genannten Haushaltssanierung legt die Stadt Offenbach den 25. defizitären Haushalt vor.
· Offenbach war noch nie so groß, aber bot aber im Verhältnis noch nie so wenig Beschäftigung wie in der Jetzt-Zeit.
· Offenbach hat die höchste Arbeitslosigkeit in Hessen.
· Die Zahl der Langzeitarbeitslosen und Schulabgänger ohne Abschluss hoch.
· In Offenbach leben prozentual die meisten Hartz IV-Empfänger Hessens.
Vor diesem Hintergrund habe ich für das fortgesetzte Selbstlob der Offenbacher SPD kein Verständnis. Sie hinterlassen keinen geordneten Nachlass, „keinen Ball auf dem Elfmeterpunkt“ und sie haben auch keinen Grund für „innerliche Zufriedenheit“. Nach 60 Jahren sozialdemokratischer Regierung in dieser Stadt hinterlassen Sie eine Stadt in einer existenziellen Krise, ein Übernahmekandidat, nicht Elfmeterpunkt, der Schlusspfiff droht.
Zum Beginn ihrer letzten Regierungsperiode 2011 hatte Offenbach 707 Millionen Euro Schulden – zum Ende Ihrer Zeit haben wir die Milliarde erreicht und dabei wurde Offenbach noch mit 211 Millionen entschuldet. Egal wie Sie sich das schönrechnen und wie Sie es schönreden. Sie haben Offenbach ein Stück weit ärmer gemacht!
Auch die steigende Gewerbesteuer ist kein Grund, sich auf die Schultern zu klopfen. Beim letzten Vergleich des prozentualen Gewerbesteuerwachtsums der Großstädte, zur Jahresmitte, lag Offenbach unauffällig, ohne größere signifikante Abweichung, im Schnitt. Die Gewerbesteuer steigt zudem in Offenbach von erschreckend niedrigem Niveau aus. Das heißt: absolut fällt Offenbach weiter hinter die anderen Städte zurück.
Aber meine lieben Kolleginnen und Kollegen, trotz dieser desolaten Rahmendaten: wir glauben an Offenbach.
Die Menschen aus aller Herren Länder, aber auch die Menschen vom Lande und zunehmend aus unserer Nachbarstadt, die kommen ja nicht in die Arrival City nach Offenbach, weil hier die Luft so gut ist oder der Marktplatz so heimelig, sondern weil wir das Glück haben, in einer der Wohlstands- und Wachstumsregionen der Welt zu leben, im Herzen Europas, an einem Mobilitätsknotenpunkt der Republik.
Ich bin überzeugt davon: Offenbach ist zwar Übernahmekandidat, aber immer noch eine unterbewertete Aktie. Wenn wir jetzt die Stellschrauben richtig drehen, dann haben wir die Chancen mehr zu werden als eine Arrival City: Wir haben die Chance, zur Booming City in der Region zu werden. Und das muss auch unser Anspruch sein.
1. Eine neue Willkommenskultur gegenüber Unternehmen
Wenn wir den Weg von der Arrival City zur Booming-City gehen wollen, gehört dazu, dass wir nicht nur die Wohnstadt von Frankfurt werden. Arbeiten und Wohnen gehören zusammen. Deswegen begrüßen wir etwa die Wünsche des Masterplans am Ostbahnhof Wohnen und Gewerbe zusammenzubekommen. Werden wir zur Arrival City auch für Unternehmen. Arbeiten wir also gemeinsam an einem Wachstumsplan für diese Stadt. Ich sehe da über die Betrachtung der Vergangenheit hinaus, die uns trennt, viele Gemeinsamkeiten zwischen Koalition und Opposition: Wir haben in unserem Koalitionsvertrag formuliert: „Die Probleme Offenbachs sind nicht durch Einsparungen alleine zu lösen, nur mit qualitativem Wachstum kann Offenbach gesunden.“ Das nimmt bewusst auf, was Oberbürgermeister Horst Schneider weitsichtig in sein erstes Haushaltsicherungskonzept als Kämmerer 2006 schrieb: „Sparen allein reicht nicht aus. Offenbach muss aus der Krise herauswachsen.“ Und deshalb hat sich die Koalition einen Leitsatz gegeben: Wir werden – bei knappen Mitteln – Maßnahmen vorziehen, die perspektivisch das Potenzial haben, Wachstum zu erzeugen und Mehreinnahmen zu generieren. Und die ersten Maßnahmen der Koalition haben es gezeigt. Wir meinen das ernst, wir füllen das mit Leben.
· Wir haben den gefährlichen Trott, die gefährliche Tendenz zur Selbstzufriedenheit beendet und die Initiative ergriffen, die Wirtschaftsförderung und das Stadtmarketing neu aufzustellen und zu einem schlagkräftigen Vertriebskanal entwickeln, um eine neue Willkommenskultur für Unternehmen zu schaffen. Über die Wirtschaftsförderung hatte sich etwas Mehltau gelegt. Das zeigt sich auch am Ergebnis einer Standortumfrage der IHK. Hauptkritikpunkte der Offenbacher Unternehmen an der Stadt sind das „schlechte Image“ der Stadt und die zu geringe „Wirtschaftsorientierung der Verwaltung“. Hier schneidet Offenbach schlechter ab als in vielen umliegenden Gemeinden. Wir werden daher auch eine Wirtschaftsförderung 2.0 schaffen: einen individuellen Online-Zugang für Unternehmen zu allen Rathaus-Dienstleistungen, die unternehmensrelevant sind, damit Firmen sämtliche Verwaltungs-Prozesse digital abwickeln können – von Gewerbeflächen, über Abfallentsorgung bis zu Genehmigungsprozessen. Und wir werden am Kaiserlei die Stellplatzsatzung liberalisieren, um auch hier die Unternehmensansiedlung zu erleichtern.
· Wir schaffen die Grundlagen, das lahmende Bauantragswesen wieder zu beschleunigen und an die Nachfrage anzupassen. Bei den Bauanträgen war Offenbach in den 90ern mal Modell. Seit längerem hinken wir auch regional hinterher. Denn laut IHK-Umfrage haben Kreisgemeinden wie Obertshausen und Langen die Stadt Offenbach längst abgehängt. Daher stellen wir stellen die Bauaufsicht besser auf. Unverständlich, dass die SPD das jetzt hinterfragt. Das machen wir doch nicht einfach so, weil wir den Stellenplan aufblähen wollen: Unser Ziel ist, dass die gewerblichen Bauanträge im Normalfall mindestens binnen eines Monats entschieden werden. Die Koalition setzt eben nicht nur auf Klimaschutz, sondern auch auf Investitionsklimaschutz.
· Wir versteigen die Stiftungsprofessur und schneiden sie neu zu – mit einem Focus auf Anstößen zu Stadtmarketing, Kreativ- und Ankunftsstadt.
· Wir haben die gefährliche Selbstblockade der Politik bei der Anbindung der östlichen Gewerbegebiete beendet. Was uns niemand zugetraut hatte und wobei die SPD in der letzten Legislaturperiode ein Totalausfall war: Wir haben eine Machbarkeitsstudie für die Verknüpfung der B448 mit der Laska-Brücke in die Wege geleitet: mit dem Ziel, in dieser Wahlperiode Planungs- und Baurecht für eine Verbindung zu schaffen und die Finanzierung darzustellen. Damit verbessern wir das Angebot für zentrale Gewerbeflächen.
So entfalten wir eine neue Dynamik in unserer Stadt. Und das brauchen wir auch, um so mehr Arbeitsplätze zu schaffen.
2. Wohnungsbaupolitische Bremsen lösen.
Wenn wir den Weg von der Arrival City zur Booming-City gehen wollen, dann geht dies nur über eine Nachverdichtung des Bestandes. Ich weiß, dass es sowohl gegen neue Wohngebiete in Stadtteilen als auch gegen Nachverdichtungen kritische Stimmen gibt. Manche Bürger verbinden mit neuem Wohnen automatisch Nachteile, sie befürchten weniger Lebensqualität, mehr Verkehr und schlechte Architektur. Die Bausünden der Vergangenheit sitzen tief im Offenbacher Gemüt und in der Tat sollten sie Mahnmal sein. Ich glaube aber, eine Politik, die nur die Sehnsucht bedient, das alles so bleibt wie es ist, macht Offenbach zu einem Freilicht-Museum. Aber zu keinem, was besucht wird. Wir brauchen hier statt Angst vor dem Wandel, statt „Offenbacher-Miesepetrigkeit“ „Offenbach-Mut“. Wer sich nicht bewegt, fällt zurück. Politik muss hier erklären und für den Wandel und Verdichtung werben: Viele prosperierende Regionen sind deutlich dichter besiedelt: Paris etwa viermal stärker, London dreimal, München doppelt so stark wie Offenbach mit 2949 Einwohnern pro Quadratkilometer oder Frankfurt in ähnlicher Verdichtung. Das zeigt zumindest, dass in Regionen, die durchaus für Lebensqualität stehen, trotzdem ein hohes Maß an Verdichtung herrscht.
In neuem Wohnen in den Stadtteilen, aber auch in neuem, qualitativ hochwertigem Wohnen in der Innenstadt sehen wir die Chance, dass Offenbach von der bundesweiten „Renaissance der Großstädte“ profitiert. Qualitatives Wachstum ist für Offenbach mehr Chance als Risiko, um die Gesamtqualität des Erscheinungsbildes des Stadtbildes zu erhöhen, Bausünden zu beseitigen und ein besseres Stadtimage, aber auch eine ausbalanciertere Sozialstruktur zu erreichen. Wachstum ist die Voraussetzung dafür, dass sich eine Positivspirale in Gang setzt. Oder um auf die Makroebene zu schauen: Es sind die kleinen, europäischen Städte, die sich weiten und vergrößern müssen, eben nicht mit neuen reinen, abends toten Wohnvierteln am Rande, sondern aus ihrem Inneren heraus. Die verdichtete Stadt ist auch die nachhaltige Stadt. Mit kurzen Wegen, Abwechslung, Leben, Austausch. Dazu müssen wir auch historisch bedingte Angst vor Wohnhochhäusern überwinden. „Langsam setzt sich aber die Erkenntnis durch, dass Wohnhochhäuser eine sehr zeitgemäße Art des Wohnens sein können.“ (Olaf Cunitz). Oder wie der Architekt Liebeskind empfiehlt: „Höher bauen, …die Stadt kann nicht einfach immer weiter wachsen. Gebraucht wird eine verdichtete Stadt.“ Dabei ist es wichtig, nicht jeden Investorenwusch zu erfüllen und wichtig gerade in Zeiten hoher Angebotsmacht, die richtigen Weichen zu stellen: Ein geschicktes Hochhaus versucht – wie in Asien – die ersten Geschosse sehr lebendig zu halten. Und für Offenbach kommen ohnehin nur Höhen mit rund 15 Stockwerken in Frage, die andernorts nicht als Hochhäuser gelten würden.
Wir brauchen neues Wohnen nicht nur aus stadtstrategischer Sicht, sondern auch aus sozialpolitischer Verantwortung. Das bis 2030 vom Regionalverband erkannte Defizit an 184000 Wohnungen im Rhein-Main kann die Region nur gemeinsam stemmen. Offenbach hat hier Nachholbedarf. Zwar sind bedingt durch Wohnprojekte wie dem Hafenareal in 2014 mehr Baugenehmigungen erteilt worden, aber über das letzte Jahrzehnt hinweg hinkt Offenbach auch hier der Entwicklung der Region hinterher. Mit 3,5 Wohnungen pro 1000 Einwohner sind im Jahr 2015 deutlich weniger Wohnungen errichtet worden als im Durchschnitt des Rhein-Main Gebiets und nur etwas mehr als die Hälfte des prozentualen Zuwachses der Nachbarstadt Frankfurt. Jetzt rächt sich das die Stadt jahrzehntelang bei der Ausweisung neuer Wohngebiete zu konservativ vorgegangen ist.
Deshalb hat die neue Koalition über das im Masterplanbeschluss vorgesehene Vorgehen beschleunigt Baurecht für die Bürgel Nord-West, Bürgel Süd und das im Regionalen Flächennutzungsplan dargestellte Gebiet Bieber-Waldhof II in die Wege leiten will. Der in einem Koalitionskompromiss dafür erfolgte Verzicht auf zwei bedeutend kleinere – nicht konkret geplante – Flächen fällt angesichts der Größe der neuen Baugebiete nicht ins Gewicht. Die Koalition hat damit die aus einer gegenseitigen Selbstblockade der politischen Kräfte der Altkoalition erfolgten Baubremse für neue Baugebiete weiter gelöst und den Turbo angeworfen.
Wenn wir von der Arrival City zur Booming City werden wollen, dann müssen wir der Gefahr entgegentreten, dass für manche Offenbach nur Schlafstadt von Frankfurt ist, dann müssen wir der hohen Fluktuation entgegentreten. Die Identifizierung mit Offenbach zu erhöhen, ist unsere Bringschuld. Dazu bedarf es vor allem auch einer höheren Aufenthaltsqualität in der City. Um das Umfeld zu verbessern, brauchen wir eine stärkere Förderung von Fassaden- und Altbausanierungen in der Innenstadt. In den Randgebieten gehört es zur Aufenthaltsqualität, dass wir in einem gesunden Mix auch auf freistehende Einzelhäuser setzen, aber auch dass wir die Struktur der Stadtteile erhalten und ihre Selbstorganisationskräfte.
Nur mit einem solchen qualitativen Wachstum hat Offenbach die Chance, aus der Krise herauszuwachsen.
Es ist üblich bei den Haushaltsberatungen, der Verwaltung, und ganz besonders der Kämmerei, zu danken. Ich möchte hier auch das Amt 60 (Bauen) vorheben, das aufgrund des Baubooms viel zu tun hat und eine hervorragende Arbeit abliefert.
3. Charme Offensive für Innenstadt und Handel
Eine Booming City braucht auch einen vitalen Einzelhandel. Wenn Menschen sich hier langfristig ansiedeln sollen, müssen sie sich auch mit der Stadt identifizieren können. Und der Einkaufsstandort Innenstadt ist ein mächtiger Identifikationspunkt für die gesamte Stadt. Der Renaissance des Wohnstandorts Innenstadt kann über ihr Wachstum dann die Revitalisierung des Einzelhandels folgen.
Dies müssen wir durch die richtigen Entscheidungen flankieren:
- Leerstand kann man nicht mit Stillstand bekämpfen. Wirtschaftsförderung muss hier besonders aktiv werden. So sollten anspruchsvolle kleine Läden angeworben werden, die sich die Mieten in Frankfurt nicht mehr leisten können. So macht es Hanau. Solche Ideen gab es schon im Amt für Öffentlichkeitsarbeit. Da wir uns zentrale Leerstände nicht leisten können, ist im Einzelfall auch die Entwicklung über eine eigene Gesellschaft vorstellbar, die größere Flächen an kleinere Shops vermietet.
- Deshalb wollen wir mit den großen Ketten in einem „Pakt für die Innenstadt“ erreichen, dass verstärkt auch das A-Sortiment angeboten wird, um kaufkräftige Klientel anzuziehen, die derzeit anderswo einkauft.
- Gerade die zahlreichen Leerstände und Billigläden in der City führen zu Tristesse und gefährden zunehmend die Oberzentrumsfunktion der Stadt. Eine gefährliche Abwärtsspirale kommt in Gang, die wir stoppen und drehen müssen: Wir wollen einen Bebauungsplan für die Kernstadt nach Mannheimer Vorbild, der auch die Ansiedlung von Postenwarenshops (1-Euro-Läden), Wettbüros und Call-Shops reguliert, um die Abwärtsspirale zu stoppen.
- Mit einer Gestaltungssatzung für die Innenstadt begrenzen wir den Fassadenwildwuchs und Werbeschilder an Außenfassaden. „Ramschauslagen“ in der Fußgängerzone wollen wir verhindern.
- Große und viele Kofferräume ermöglichen große und viele Einkäufe. Wir streben ein Parkkosten-Rückvergütungssystem für die ganze Innenstadt an wie dies teilweise im Einkaufszentrum KOMM schon funktioniert und wie es Hanau anbietet. Wir schaffen das kostenlose Kurzzeitparken in der gesamten Innenstadt verwirklichen.
4. Wir sind Teil einer Weltmetropole
Den Weg von der Arrival City zur Booming City schaffen wir nur gemeinsam in der Region. Es heißt, Frankfurt, die Stadt mit 700000 Einwohnern, mit der Größe eines New Yorker Stadtteils, sei Weltstadt. Aber wenn das so ist, dann ist Frankfurt das im Wettbewerb mit den großen Metropolen dieser Welt, nicht alleine, sondern dann ist Frankfurt das nur gemeinsam mit der Region. Während seit vielen Jahren eine Landflucht einsetzt, wird ganz Deutschland zur Stadt. Wir sind Teil dieser Weltmetropole Rhein-Main. Arbeiten wir daran, gemeinsam Offenbach zu einem Kraftzentrum dieser Weltmetropole, zur Booming City der Region zu machen. Dazu gehört, dass wir Region auch leben.
Das positive Beispiel der Osthafenbrücke in Verbindung mit dem Umbau Kaiserlei hat es gezeigt: Das Kooperationsprinzip ist dem Konfrontationsprinzip überlegen. Die Zukunft schaffen nur gemeinsam. Das muss sich jetzt auch beim Öffentlichen Personennahverkehr zeigen, bei der Preisstruktur des Öffentlichen Nahverkehrs, bei der Verbesserung der S-Bahn-Infrastruktur, aber auch bei den Bus- und Straßen-Bahn-Verbindungen zwischen den Städten. Ich bleibe dabei, die Linie 16 an der „Landesgrenze“ zu beenden, war ein Schildbürgerstreich, der bis heute den Offenbacher Einzelhandel schmerzt und regional desintegrierend gewirkt hat. Zukunftsorientierte Politik sieht anders aus. Wir müssen mit der Stadt Frankfurt und dem Rhein-Main-Verkehrsverbund die Gespräche darüber wieder intensivieren. Damit die Region nicht nur wächst, sondern zusammenwächst.
In der Arrival City stecken nicht nur Risiken, sondern auch so viele Chancen. Einige von Ihnen waren da bei diesem Moment des Präsidentenbesuchs als die Moderatorin Evren Gezer, gerührt schilderte, wie sie 1983 als Flüchtlingskind hier in Offenbach angekommen ist und sagte es konnte ihr nichts Besseres passieren. Uns als dann bei Facebook das übliche Offenbach-Bashing kam, antwortete sie:
„Mir wird hier einfach viel zu viel gemeckert. Wir gehören zu den wenigen Menschen auf dieser Erde, denen es gut geht – sehr gut geht! Dann muss auch mal Platz für Positives sein. Ich bin dankbar, hier sein zu dürfen und fühle mich in Offenbach sauwohl. Nicht mehr und nicht weniger.“
Was ich damit sagen will. „Offenbach is almost all right“, Offenbach ist ganz ok, hieß es auf der Architekturbiennale in Venedig zur Arrival City. Das sieht Evren wohl auch so. Und „Offenbach is almost all right“, das ist doch schon mal ganz ok. Jetzt ist es unsere gemeinsame Aufgabe, nicht Offenbach schlecht zu reden, sondern Offenbach noch besser zu machen. Booming City eben.
Bei allem, was ich anfangs hier an der Altkoalition zu kritisieren hatte, die Stadtpolitik insgesamt – und wir sicher auch – haben in den letzten Jahren zwar einiges falsch, aber auch manches richtig gemacht. Wir haben gemeinsam erkannt, Städte mit besonderen Herausforderungen brauchen die besten Schulen. Dafür steht unser Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß. Wir haben alle Chancen, der Hafen entwickelt sich, der Wohnungs-Boom kommt in Offenbach an, SPD-OB und CDU-Kämmerer sagen übereinstimmend, Offenbach ist auch auf dem Markt für Gewerbeimmobilien angekommen. Wir können aus der Talsohle herauskommen und aus der Krise herauswachsen. Aber Offenbach wird nicht im karnevalesken Klein-Klein der Kirchturmpolitik, auch nicht mit kleinteiligen, parteipolitischem Fingerhakeln zwischen einer Mehrheit und einem OB gelingen… manches sehe ich dabei mit großer Sorge.
Unseren alten Kollegen und ehemaligen Kämmerer Felix Schwenke begrüßen wir herzlich in neuer Funktion als ehrenamtliches Magistratsmitglied. Die Art und Weise des Wiedersehens und auch die geplante Übergabe von vollwertigen Dezernaten ist ein wenig tricky, wahlkampgetrieben und nicht ganz so nach unserem Politikverständnis. Die SPD konnte bisher noch nicht so ganz loslassen von der Regierung. Andererseits wissen wir, dass es nicht immer allen einfach fällt, in der Regierung angekommen den Oppositionsmodus zu überwinden. Aber jetzt freuen uns einfach, dass Du wieder zurück bist. Lieber Felix, herzlich Willkommen. Zum Re-Arrival. Arrival City halt.
Denn letztlich schaffen wir es nur, wenn wir mit einer großen Kraftanstrengung gemeinsam die richtigen Weichen stellen, für die Bürger unserer Stadt, für eine Stadt deren Zeit gekommen ist.