Nachverdichtung und neue Wohngebiete als Chance

Mit Wohnen aus der Krise herauswachen

In Offenbach sind Angaben des Regionalverbandes mit 3,5 Wohnungen pro 1000 Einwohner im Jahr 2015 deutlich weniger Wohnungen errichtet worden als im Durchschnitt des Rhein-Main Gebiets und nur etwas mehr als die Hälfte des prozentualen Zuwachses der Nachbarstadt Frankfurt. Nach Auffassung des FDP-Fraktionsvorsitzenden Oliver Stirböck rächt sich jetzt, dass die Stadt jahrzehntelang bei der Ausweisung neuer Wohngebiete „zu konservativ“ vorgegangen ist. Das bis 2030 vom Regionalverband erkannte Defizit an 184000 Wohnungen im Rhein-Main könne die Region nur gemeinsam stemmen.  Um diese Wohnungsnachfrage befriedigen zu können, aber auch um die Mieten wenigstens einigermaßen stabil zu halten, benötige es in der ganzen Region, aber auch in Offenbach eine Wohnungsbauoffensive. „Neue gezielt entwickelte Wohngebiete vor allem in den Stadtteilen gehören genauso dazu wie eine sorgsame Nachverdichtung vor allem in zentralen Quartieren“, meint Stirböck. Deshalb sei es richtig, dass die neue Koalition über das im Masterplanbeschluss vorgesehene Vorgehen beschleunigt Baurecht für die Bürgel Nord-West, Bürgel Süd und das im Regionalen Flächennutzungsplan dargestellte Gebiet Bieber-Waldhof II in die Wege leiten will. Stirböck weiß, dass es sowohl gegen neue Wohngebiete in Stadtteilen als auch gegen Nachverdichtungen kritische Stimmen gibt. Für Offenbach seien beide Entwicklungen aber nicht nur Risiko, sondern vor allem eine Chance, um die Gesamtqualität des Erscheinungsbildes des Stadtbildes, ein besseres Stadtimage, aber auch eine andere Sozialstruktur zu erreichen. „Trotz neuer Luxuswohnungen am Main, kann insgesamt von der als Gentrifizierung beklagten Verdrängung sozial Schwächerer den letzten 10 Jahren nicht die Rede sein – im Gegenteil ein nicht unwesentlicher Teil des Bevölkerungszuwachses beruht auf Armutseinwanderung aus Osteuropa“, so Stirböck. Deshalb sei es von besonderer Bedeutung, bei den neu zu entwickelnden Flächen auf Qualität und nicht nur auf Masse zu achten. „Manche Bürger hätten Ängste wegen der Nachverdichtung und verbänden damit automatisch Nachteile, viele prosperierende Regionen sind aber deutlich dichter besiedelt“, meint Stirböck. Paris sei etwa viermal stärker verdichtet, London etwa dreifach, München doppelt so hoch wie Frankfurt oder Offenbach (2949 Einwohnern pro Quadtratkilometer), rechnet Stirböck hoch. „Das zeigt bei allen Unterschieden zumindest, dass in Regionen, die durchaus für Lebensqualität stehen, trotzdem ein hohes Maß an Verdichtung herrscht“, so der Freidemokrat. Trotzdem sei es erforderlich, sich mit Plan und Sensibilität der Aufgabe zu stellen. „Die Stadtteile müssen ihren Charakter behalten und die Innenstadt darf nicht nur einfach zubetoniert werden“, so Stirböck. So müssten auf der einen Seite die Kerne der alten Stadtteile gestalterisch gestärkt, ausreichend Erholungs- und Grünflächen erhalten bleiben und auf der anderen Seite in der Innenstadt attraktiver öffentlicher Raum sowie moderne Spielmöglichkeiten geschaffen werden. „Der besseren Verkehrsanbindung mit öffentlichen Nahverkehr komme ebenso eine große Aufgabe zu, wie der Schaffung von Parkraum oder alternativen Verkehrskonzepten wie dem Carsharing“, so Stirböck. Sorge macht dem Freidemokraten die weiterhin geringe Verweildauer von Neubürgern sowie die Gefahr, dass für manche Offenbach nur Schlafstadt von Frankfurt sei. „Die Identifizierung mit Offenbach zu erhöhen, ist unsere Bringschuld. Dazu bedürfe es vor allem auch eine höhere Aufenthaltsqualität in der City, eine Stärkung des Einzelhandels, geeignete Veranstaltungskonzepte, attraktive Schulen ebenso wie attraktive Freizeitangebote“, so Stirböck. Diese Aufgaben zeigten, neue Einwohner „bringen trotz möglicher Einkommenssteuereinnahmen kurzfristig kein Geld, sie kosten Geld“. Aber nur mit einem qualitativen Wachstum habe Offenbach die Chance, aus der Krise herauszuwachsen.

Fotonachweis: Stadt Offenbach, https://www.flickr.com/photos/53836153@N06/5075177012